POLYAS Wahllexikon

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Aufsichtsratswahlen

Je nach Anzahl der regelmäßig Beschäftigten in einem Betrieb ergeben sich unterschiedliche rechtliche Grundlagen und unterschiedliche Formen der Besetzung des Aufsichtsrates mit Arbeitnehmervertretern und deren Wahlen. Grundsätzlich ist dabei zwischen der einfachen und paritätischen Mitbestimmung zu unterscheiden.

Einfache Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz

Für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und Genossenschaften mit regelmäßig mehr als 500 und bis zu 2000 Arbeitnehmern bestimmt das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG), dass Aufsichtsräte dieser Unternehmen, mit Ausnahme von Tendenzbetrieben, zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern und zu zwei Dritteln aus Vertretern der Anteilseigner besetzt werden müssen.
Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Mitgliedern und kann gemäß Satzung bis zu 21 Mitglieder haben, wobei die Anzahl der Mitglieder immer durch drei teilbar sein muss.

  • Wahlberechtigt sind Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 5 Abs. 2 DrittelbG).
  • Wählbar sind Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein Jahr dem Unternehmen angehören (§ 4 Abs. 3 DrittelbG).
  • Als Arbeitnehmer gelten die dort Beschäftigten mit Ausnahme der leitenden Angestellten.
  • Das Wahlverfahren nach dem Drittelbeteiligungsgesetz richtet sich nach den Regelungen der Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz (WODrittelbG).

Ein Beispiel für eine Wahl der Arbeitnehmervetreter im Aufsichtsrat, die als moderne Online-Wahl durchgeführt wurde, ist die Aufsichtsratswahl der Osianderschen Buchhandlung 2015

Paritätische Mitbestimmung

Für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften, die regelmäßig mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, bestimmt das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG), dass Aufsichtsräte dieser Unternehmen paritätisch aus Arbeitnehmervertretern und Vertretern der Anteilseigner besetzt werden müssen.

Die Anzahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und die Anzahl der Vertreter der Arbeitnehmer und der Vertreter der Gewerkschaften, die sich unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer befinden müssen, sind in § 7 Abs. 2 MitbestG geregelt.

Die folgende Übersicht zeigt die gesetzlichen Vorgaben zur Zusammensetzung der Aufsichtsräte nach der Anzahl der Arbeitnehmer:

  • Bis 10.000 Arbeitnehmer = 12 AR-Mitglieder, davon 6 AR-Mitglieder der Arbeitnehmer, die sich in 4 Vertreter der Arbeitnehmer und 2 Vertreter der Gewerkschaften aufteilen.
  • Bis 20.000 Arbeitnehmer = 16 AR-Mitglieder, davon 8 AR-Mitglieder der Arbeitnehmer, die sich in 6 Vertreter der Arbeitnehmer und 2 Vertreter der Gewerkschaften aufteilen.
  • Über 20.000 Arbeitnehmer = 20 AR-Mitglieder, davon 10 AR-Mitglieder der Arbeitnehmer, die sich in 7 Vertreter der Arbeitnehmer und 7Vertreter der Gewerkschaften aufteilen.

Hierbei gilt wiederum: 

  • Wahlberechtigt sind Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 18 MitbestG).
  • Wählbar sind Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein Jahr dem Unternehmen angehören (§ 7 Abs. 4 MitbestG).
  • Arbeitnehmer des Unternehmens sind Arbeiter und Angestellte sowie die zur Ausbildung Beschäftigten einschließlich der leitenden Angestellten gem. § 5 Abs. 3 BetrVG (§ 3 Abs. 1 MitbestG).

 

Das Wahlverfahren nach dem Mitbestimmungsgesetz richtet sich nach einer der drei Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz:

  1. Die Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (Mitbestimmungsgesetz - 1. Wahlordnung, 1. WOMitbestG) regelt im Wesentlichen das Verfahren zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in unter das Mitbestimmungsgesetz fallenden Unternehmen mit nur einem Betrieb sowie das Verfahren zur Abberufung von Arbeitnehmervertretern.
  2. Die Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (Mitbestimmungsgesetz - 2. Wahlordnung, 2. WOMitbestG) regelt im Wesentlichen das Verfahren zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in unter das Mitbestimmungsgesetz fallenden Unternehmen mit mehreren Betrieben sowie das Abberufungsverfahren.
  3. Die Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (Mitbestimmungsgesetz - 3. Wahlordnung, 3. WOMitbestG) regelt im Wesentlichen das Verfahren zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in unter das Mitbestimmungsgesetz fallenden Unternehmen, wenn an der Wahl Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen (Konzernstruktur) teilnehmen.
Siehe auch: Aufsichtsrat, Mitbestimmung


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