POLYAS Wahllexikon

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Industrie- und Handelskammer (IHK) - Einfach erklärt

Industrie und Handelskammern sind die Berufsvertretungen von Unternehmen und Gewerbetreibenden in einer Region. Sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Insgesamt gibt es 79 Industrie- und Handelskammern mit ca. 3,6 Millionen Mitgliedern in Deutschland. Die rechtliche Grundlage zur Errichtung von IHKs ist das Bundesgesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern. Ihre Hauptaufgabe ist die Selbstverwaltung der regionalen Wirtschaft. Die Rechtsaufsicht über die IHKs liegt bei den einzelnen Bundesländern, in denen die IHKs ansässig sind.

Mitgliedschaft in der IHK

Abgesehen von reinen Handwerksunternehmen, Landwirtschaftsbetrieben und Freiberuflern gehören alle Gewerbetreibenden und Unternehmen den Industrie- und Handelskammern an. Man unterscheidet jedoch zwischen zwei Mitgliedsformen: den Kammerzugehörigen und sogenannten Doppelmitgliedschaften. Kammerzugehörige sind alle natürlichen Personen, Handelsgesellschaften, Personenmehrheiten und juristischen Personen, die Gewerbesteuer zahlen müssen. Unter einer Doppelmitgliedschaft versteht man Unternehmen, die neben der Mitgliedschaft der IHK auch zur Mitgliedschaft in Handwerks- oder Landwirtschaftskammern verpflichtet sind. Doppelmitgliedschaften sind immer dann notwendig, wenn ein Handwerksbetrieb auch ein Handelsgeschäft unterhält. Ein prominentes Beispiel ist hier das Autohaus, das nicht nur Autos verkauft, sondern diese auch repariert und wartet.

Mitgliedsbeiträge

Um die Arbeit der IHK zu finanzieren, leisten die Mitgliedsunternehmen verpflichtende Beitragszahlungen. Diese setzen sich aus einem Grundbeitrag sowie einer Umlagezahlung zusammen. Wobei sich der Grundbeitrag, den die Unternehmen entrichten, an den Erträgen orientiert, die erwirtschaftet werden. Von den Beitragszahlungen ausgenommen sind eingetragene Personengesellschaften und natürliche Personen, deren Ertrag die Grenze von 5.200 € nicht überschreitet. Auch Existenzgründer, die sich zum ersten Mal selbstständig machen, sind für zwei Jahre von den Beitragszahlungen befreit. Die Höhe der Beiträge wird von der IHK-Vollversammlung in der Haushaltssatzung beschlossen.

Organe der Industrie- und Handelskammer

Die Aufgaben der Verwaltung werden maßgeblich vom Hauptgeschäftsführer der IHK übernommen. Dieser wird von der Vollversammlung auf Vorschlag des Präsidiums der IHK bestellt.

Vollversammlung
Die Vollversammlung wird von allen Mitgliedern der IHK alle drei bis sechs Jahre gewählt. Bei der Wahl der Vollversammlung hat jedes Mitgliedunternehmen eine Stimme und kann je einen Kandidaten für die Wahl aufstellen. Der Wahlgruppenausschuss teilt die Mitgliedsunternehmen nach den verschiedenen Branchen sowie ihrer Größe den verschiedenen Wählergruppen zu. Außerdem entscheidet der Wahlgruppenausschuss darüber, wie die Sitzverteilung in der nächsten Wahlperiode in der Vollversammlung aussehen soll. Seinen Vorschlag legt er der noch amtierenden Vollversammlung zur Beschlussfassung vor. Die Vollversammlung kommt mehrmals im Jahr zusammen, um Beschlüsse über die Arbeitsschwerpunkte sowie den Haushalt der IHK und andere Grundsatzentscheidungen zu fassen.

Präsidium
Das Präsidium der Industrie- und Handelskammer wird durch die Vollversammlung gewählt und schlägt dieser wiederum einen Kandidaten für die Geschäftsführung der IHK vor.

Aufgaben der IHK

Die IHKs nehmen die ihnen per Gesetz übertragenen Aufgaben wahr. Diese sind grob in 2 Komplexe zu unterteilen:

  1. Die Vertretung der gewerblichen Wirtschaft und ihrer Interessen gegenüber dem Staat
  2. Die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet

So gehören folgende Tätigkeiten zu den Aufgaben der IHKs:

  • Beratung von Existenzgründern
  • Nachfolgeberatung
  • Vertretung der Interessen der regionalen Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit
  • Erstellung und Pflege von Existenzgründer- und Firmendatenbanken
  • Organisation und Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen für die Mitglieder
  • Beratung über Innovations- und Fördermittel
  • Bestellung von Sachverständigen und Erstellung von Gutachten für Gerichte und andere Behörden
  • Sicherung des fairen Wettbewerbs und die Ahnung von Wettbewerbsverstößen
  • Organisation, Überwachung und Förderung der kaufmännischen Ausbildung

Historisches

Die Geschichte der Industrie- und Handelskammern geht zurück bis ins Mittelalter. Öffentliche Aufgaben erfüllten die Industrie- und Handelskammern dann erstmals im 19. Jahrhundert.

Die erste Interessensvertretung der Kaufleute entstand bereits 1665 in Hamburg unter dem Namen Commerzdeputation. Die erste Handelskammer, die als Vorbild heutiger IHKs gelten kann, wurde 1830 errichtet: die Handelskammer Ebersfeld und Barmen. Sie entstand in der ersten großen Industrieregion Deutschlands. Als erste Handelskammer räumte sie Gewerbetreibenden das Recht ein, ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln und ihre Vertreter selbst zu wählen. Sie kann als Vorbild für die 1848 in Preußen eingeführten Kammergesetze gelten. Das Handelskammerrecht wurde erstmals 1870 deutschlandweit vereinheitlicht. Die Bezeichnung als Industrie- und Handelskammer geht in die 1920er Jahre zurück.

Während der NS-Zeit wurden die IHKs umstrukturiert und die Selbstverwaltungsbefugnisse wurden ihnen nach und nach aberkannt. Außerdem wurden sie in Gauwirtschaftskammern umbenannt und in die staatliche Wirtschaftslenkung integriert. Nach Ende des Krieges lehnten die Alliierten die Wiedererrichtung der IHKs nach dem Vorbild der Weimarer Republik ab und schafften die Pflichtmitgliedschaft für Gewerbetreibende ab. Erst ab 1956 wurde mit dem „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern" eine bundeseinheitliche Regelung für die IHKs getroffen.

Industrie- und Handelskammern in der DDR

In der DDR wurde 1946 mit dem Gesetz über den Neuaufbau und die Organisation der gewerblichen Wirtschaft eine neue Grundlage für die Einrichtung von IHKs geschaffen. So gab es in jedem Bundesland eine zentrale IHK. Im Jahr 1949 verloren die IHKs die Zuständigkeit für Genossenschaften und die Volkseigenen Betriebs. 1953 wurden die IHKs in der DDR zunächst komplett aufgelöst. Nach dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 jedoch wurde als Zugeständnis an die verbliebenen Unternehmen eine Verordnung über die Einrichtung der Industrie- und Handelskammern in der DDR erlassen. So wurden eine zentrale Direktion in Berlin und je eine Bezirksdirektion pro Bezirk eingerichtet. Die IHKs in der DDR waren dabei fest in den Herrschaftsapparat der SED eingegliedert. 1958 wurde das Präsidium der IHK Berlin aufgelöst. Außerdem wurden die Bezirksdirektionen in die Wirtschaftsräte der Bezirke integriert und 1983 schließlich in Industrie- und Gewerbekammern umbenannt.

Nach der Wiedervereinigung wurden auch in der DDR IHKs nach dem Vorbild der BRD eingerichtet. 

Siehe auch: Kammer, Kammerwahlen


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