POLYAS Wahllexikon

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Wahlmüdigkeit

Unter dem Begriff Wahlmüdigkeit (auch: Wahlapathie) wird der Unwille bzw. die Abneigung stimmberechtigter Wähler bezeichnet, bei einer Wahl ihre Stimme abzugeben.

Dem Wahllokal fern zu bleiben ist eine passive Form der Stimmenthaltung. Bei der aktiven Stimmenthaltung suchen die Wahlberechtigten dagegen das Wahllokal auf, werfen dann aber einen leeren oder ungültigen Stimmzettel in die Wahlurne. Beide Formen der Stimmenthaltung resultieren in einer niedrigen Wahlbeteiligung, die die Repräsentativität eines Wahlergebnisses schmälert. Denn wenn die gewählten Volksvertreter nicht mehr von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt werden, ist die Legitimation eines Parlamentes infrage zu stellen. Dementsprechend besorgt sind die politischen Institutionen und Parteien, denn der Abwärtstrend der Wahlbeteiligung ist auf allen politischen Ebenen zu spüren. Zuletzt schockte die Landtagswahl in Bremen von 2015 mit einer Wahlbeteiligung von 50,2%. 

Ursachen für Wahlmüdigkeit

Als einer der häufigsten Gründe für Wahlmüdigkeit wird die Politikverdrossenheit vieler Wähler genannt. Nach Angaben des Statistikportals Statista war die Unzufriedenheit mit Politikern und Parteien für drei Viertel der Befragten der Hauptgrund für ihre Wahlmüdigkeit. Als zweithäufigste Ursache für das Fernbleiben bei einer Wahl nannten die Befragten, dass sie glaubten bei Wahlversprechen belogen zu werden. Zu den weiteren Gründen zählen der Glaube, dass Politiker keine moralischen Vorbilder mehr seien und die Überzeugung, dass keine der Parteien den eigenen Vorstellungen entspräche. Weit verbreitet ist auch der Glaube, dass die eigene Stimme keinen Einfluss hätte sowie ein allgemeines Desinteresse an Politik. 

Lösungsansätze für eine höhere Wahlbeteiligung

So vielfältig die Ursachen sind für Wahlmüdigkeit, so vielfältig sind auch die Lösungsvorschläge zur Bekämpfung derer. Der eine Weg ist die Vereinfachung der Stimmabgabe durch einen längeren Wahlzeitraum (1 Woche statt 1 Tag), "Wahlkabinen im Supermarkt" (Yasmin Fahimi) oder der Online-Stimmabgabe, die ortsunabhängig und kostengünstig ist. Wenn nur die Barrieren zur Wahlteilnahme niedriger wären, so stiege auch die Wahlbeteiligung, so die Logik. Auch wenn diese Vereinfachung sehr sinnvoll ist, wird sie allein nicht ausreichen, um der Wahlmüdigkeit entgegen zu wirken.

Wenn die Mehrheit der Bürger eine generelle Unzufriedenheit mit den Politikern und Parteien empfindet, liegen die Ursachen für Wahlmüdigkeit wohl noch tiefer, haben sich gar die gesellschaftlichen Teilsysteme entfremdet voneinander? Welche Rolle spielen die Medien, als Vierte Gewalt im Staate, deren Vermittlungsfunktion häufig in Sensations-Journalismus gipfelt? Die Art und Weise der politischen Berichterstattung trägt sicher zum politischen Selbstverständnis der Bürger bei, kann aber auch längst nicht mehr alle gesellschaftlichen Schichten erreichen. Denn die soziale Spaltung ist ein großer Faktor in der Wahlbeteiligung: Je niedriger der Bildungsstand und das Einkommen, je höher die Arbeitslosigkeit in einem Viertel, desto geringer fällt die Wahlbeteiligung aus. Politik wird damit den Bessergestellten überlassen, die "großen Fragen ziehen am kleinen Mann" vorüber. Eine Antwort auf diese große Frage ist daher die Bildung. So trägt bspw. die Juniorwahl durch schulische Begleitung politischer Wahlen zur Bildung eines Politik-Verständnisses bei Jugendlichen bei und nährt gerade die Einstellung, dass Politik alle etwas angeht. Mehr lesen zur Juniorwahl
 

Siehe auch: Politikverdrossenheit, Stimmenthaltung, Wahlbeteiligung, Juniorwahl


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