Das Superwahljahr 2017 hielt für Europa einige Überraschungen bereit.

Mit dem Jahr 2017 endet für Europa ein Superwahljahr. Neben Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben auch weitere EU-Länder wie Österreich oder die Niederlande neue Parlamente gewählt. Doch was haben diese Wahlen für Europa bedeutet?

Superwahljahr ist seltener Zufall

So etwas passiert nicht alle Jahre: Drei der einwohnerstärksten EU-Staaten wählen im selben Jahr. Schon allein weil die Legislaturperioden unterschiedlich lang sind, ist das ungewöhnlich – so wählen Frankreich und Großbritannien alle fünf, Deutschland jedoch alle vier Jahre. Doch als sich die britische Premierministerin Theresa May im Frühjahr zu Neuwahlen entschloss, machte sie 2017 zu einem Superwahljahr.

Hier können Sie den Ausgang der Wahl in Großbritannien nochmal nachlesen!

Ihr Plan war es, durch die Wahl eine größere Mehrheit im Parlament zu erlangen, um sich Rückendeckung für die Brexit-Verhandlungen mit der EU zu verschaffen. Das misslang, die konservativen Tories verloren ihre absolute Mehrheit und bei den Verhandlungen in Brüssel ist kein Ergebnis in Sicht. Doch das war nicht die einzige Überraschung, die das Superwahljahr 2017 bereithielt.

Schwierige Regierungsbildung in den Niederlanden

Bei den Parlamentswahlen in den Niederladen hatten sowohl Befürworter als auch Gegner der „Partij voor de Vrijheid“ von Geert Wilders ein höheres Ergebnis erwartet. Am Ende wurde die Partei zweistärkste Kraft hinter der „Volkspartij voor Vrijheid en Democratie“ von Mark Rutte. Die aufgesplitterte Parteienlandschaft machte die anschließende Regierungsbildung kompliziert. Anfang Oktober einigten sich schließlich zwei liberale und zwei christliche Parteien auf eine Koalition – mit Mark Rutte als Ministerpräsident.

Politisches Erdbeben in Frankreich

Wenn jedoch ein Land durch das Superwahljahr 2017 geprägt wurde, dann Frankreich. Erst gewann der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron die Präsidentschaftswahl und stach seine Gegnerin Marine Le Pen aus. Dann eroberte seine neu gegründete Partei „La République en Marche“ die absolute Mehrheit im französischen Parlament, während die Traditionsparteien radikal verloren. Der liberale Macron strebt nun eine Erneuerung der EU an.

Wie genau die Wahlen in Frankreich verlaufen, ist lesen Sie hier.

Besondere Rolle für neuen Bundespräsidenten

Mit einer ähnlichen Ein-Mann-Strategie wie Macron, aber einer politisch eher rechts verorteten Politik, gelang dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz der Wahlsieg in der Alpenrepublik. Zurzeit befinden sich die konservative ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ, die bei der Wahl drittstärkste Kraft wurde, in Koalitionsverhandlungen.

In Deutschland stand das Superwahljahr 2017 im Zeichen der Bundestagswahl. Die erste Wahl des Jahres verlief zunächst unspektakulär, sollte aber später im Jahr wichtig werden: Frank Walter Steinmeier wurde zum Bundespräsidenten gewählt. Nachdem nach der Bundestagswahl die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition zwischen Union, Grünen und der FDP scheiterten, war Steinmeier als staatstragender Vermittler gefragt. So überzeugte er die SPD, die sich nach der Wahl eigentlich strikt gegen den Eintritt in eine neue Große Koalition mit der Union ausgesprochen hatte, doch Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung zu führen.

Die Ergebnisse der Bundestagswahl in der Übersicht!

Norwegen und Osteuropa: Amtsinhaber gewinnen

Hinter diesem Trubel standen die Wahlen in anderen EU-Staaten etwas zurück. So wurden auch in Bulgarien und Tschechien sowie auf Malta und Island neue Parlamente gewählt.

Während in Bulgarien der alte Ministerpräsident auch der Neue ist, gelang in Tschechien dem umstrittenen Milliardär Andrej Babis der Wahlsieg. Er will mit seiner Partei eine Minderheitsregierung bilden, da die Vielzahl der Parteien im Parlament eine Koalitionsbildung erschwert. Ein Problem, das auch Island kennt: Acht Parteien schafften es ins Parlament, nun regiert ein ungewöhnliches Bündnis aus einer linksliberalen, einer konservativen und einer Mitte-Rechts-Partei.

Wahlen außerhalb der EU

Vom Superwahljahr wird wohl auch das Referendum in der Türkei in Erinnerung bleiben, das dem türkischen Präsidenten fortan eine noch größere Macht verleiht. Verhältnismäßig unspektakulär verlief dagegen die Wahl in Norwegen, hier bleibt Ministerpräsidentin Erna Solberg im Amt. Auch bei den Präsidentschaftswahlen in Serbien und Slowenien setzten sich die jeweiligen Amtsinhaber durch.

Eine europäische Wahl steht 2017 aber noch aus: Die Parlamentswahl in Katalonien. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der spanischen Region eskalierten im Herbst nach einem von der Regierung in Madrid für verfassungswidrig erklärten Referendum. Was dazu führte, dass Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont nach Brüssel floh. Die Neuwahl des Parlaments soll am 21. Dezember dieses Jahres stattfinden – damit wäre es die letzte Wahl des Superwahljahres 2017.

Fazit: Neben Separationsbewegungen –  wie in Katalonien,  Norditalien und auf Korsika – lässt das Superwahl 2017 einen deutlichen Trend erkennen: Die traditionellen Parteien erodieren. Dadurch ziehen europaweit mehr Parteien in die Parlamente, was Mehrheitsbildungen erschwert, aber auch die Meinungsvielfalt fördert.