Betriebsratswahlen Online: Quo Vadis?
Online-Wahlen: Körperschaften des öffentlichen Rechts, Genossenschaften und sogar Kirchen profitieren schon von den Vorteilen. Doch warum wählen Unternehmen bislang mit Zettel und Stift?
In einer Betriebsratswahl oder bei der Wahl der Arbeitnehmervertretung in den Aufsichtsrat werden Gremien gewählt, deren Entscheidungen sich auf die Arbeitswelt aller Beschäftigten auswirken. Da muss gewährleistet sein, dass die Wahlgrundsätze (frei, gleich, geheim, allgemein, unmittelbar) eingehalten werden. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass ein Wahlverfahren frei von Manipulationsanfälligkeit ist und integer arbeitet.
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Sichere Online-Wahlen im nicht-politischen Raum: Utopie oder Wirklichkeit?
Die Online-Wahl wird als elektronische Stimmabgabe bereits in einigen gesellschaftlichen Bereichen eingesetzt. Vereine profitieren von dem günstigen und effizienten Wahlverfahren. Aber auch große Institutionen mit hohen Sicherheitsansprüchen haben sich für die Einführung der Online-Wahl in Ergänzung zum herkömmlichen Verfahren mit Papierstimmzetteln entschieden:
Neun Industrie- und Handelskammern in Hessen haben ihre Vertreterversammlungen 2019 online gewählt. Friedemann Götting, der Hauptgeschäftsführer der IHK Wiesbaden hierzu:
„Mit der Online-Wahl bieten wir unseren Mitgliedern eine einfache und rechtssichere Methode der Stimmabgabe an. Die Hemmschwelle sollte möglichst gering sein, damit die Wahlbeteiligung ansteigt.“
Auch die katholische Erzdiözese Freiburg hat sich kürzlich für die Einführung der POLYAS Online-Wahl für ihre 1,5 Millionen wahlberechtigten Mitglieder entschieden und wird 2020 erstmals eine elektronische Stimmabgabe zulassen. Die evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck wählt bereits seit 2013 online mit POLYAS.
An Hochschulen und in Genossenschaften sind elektronische Wahlen bereits weit verbreitet und durch einschlägige Urteile und Rechtsgutachten positiv in ihrer Rechtssicherheit bestätigt.
Nachweisbare Sicherheit ist besser als Vertrauen
Damit die Integrität eines Wahlsystems nicht nur auf dem „guten Ruf“ eines Anbieters basiert, sondern sowohl für die Wahlleitung als auch für die Wahlberechtigten nachvollziehbar ist, werden bei POLYAS entsprechende Nachweise in leicht verständlicher Form erzeugt. Die Herausforderung besteht darin, bei einer Überprüfung der Stimmabgabe gleichzeitig das Wahlgeheimnis zu wahren.
POLYAS hat eine Lösung für diesen scheinbaren Widerspruch:
In Begleitung unseres Partners, der Gesellschaft für Informatik e.V., entwickelt POLYAS das Wahlsystem CORE 3.0 in einer verifizierbaren Variante (CORE 3.0 VERIFIABLE). Mit diesem System ist die Stimmabgabe für jeden Wähler nachvollziehbar – ohne technisches Vorwissen. Jedem Wähler und jeder Wählerin kann auf einfache Weise gezeigt werden, wie sein oder ihr elektronischer Stimmzettel eingegangen und ausgezählt wurde.
Und schon jetzt kann die Wahlleitung bei allen Wahlsystemen von POLYAS die Wahlurne nach der Wahl durch eine unabhängige Software neu auszählen lassen, um die Korrektheit des Wahlergebnisses zu prüfen. Mehr zur universellen Verifikation erfahren >
Technologische Voraussetzungen erfüllt – was fehlt für die Betriebsratswahl Online?
Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für Arbeitnehmer gibt es für die Wahl der Betriebsräte bundesweit geltende Kriterien, die in der Wahlordnung des Betriebsverfassungsgesetzes definiert sind. Dabei wird festgelegt, wer wahlberechtigt ist, wann welche Informationen zu veröffentlichen sind und dass ein Wahlverfahren den geltenden Wahlgrundsätzen zu entsprechen hat. Die Online-Wahl ist bislang nicht vorgesehen als Verfahren für die Stimmabgabe.
Ein Unternehmen hat den Feldversuch dennoch gewagt: Im Jahr 2016 bot die Beiersdorf AG in einer Nachwahl eines Betriebsteiles die elektronische Stimmabgabe als zusätzliches Wahlverfahren an. Mit durchschlagendem Erfolg: Nahezu 50% der Wahlberechtigten entschieden sich für die POLYAS Online-Wahl. Die Wahlbeteiligung stieg um 10% im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen.
Beiersdorf Personalleiter Michael Harms dazu:
„Je mehr Wähler, desto sicherer das Mandat und das Fundament der betrieblichen Mitbestimmung. Eigentlich müssten alle Beteiligten ein starkes Interesse an einer hohen Wahlbeteiligung haben.“
Dennoch wurde die Wahl (erfolgreich) angefochten. Der Wahlgang entsprach nicht dem geltenden Recht, das Ergebnis ist aber „nicht nichtig“, wie das Landesarbeitsgericht Hamburg im Jahr 2018 urteilte.
Vereinfachung der Mitbestimmung und hohe Sicherheit – auch elektronisch
Für kleine und mittelständische Unternehmen liegen die Vorteile der vereinfachten Wahlvorbereitung und Stimmabgabe durch die Online-Wahl auf der Hand: Gesunkene Aufwände und Kosten entlasten die Mitarbeiter und damit auch den Arbeitgeber. Vor allem im Transportgewerbe und in digitalen Unternehmen ist der Bedarf deutlich. Auch große Konzerne haben ihre Absicht bekundet, bei Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage, eine sichere Variante der Online-Wahl einzuführen.
POLYAS liegen entsprechende Absichtserklärungen vor, die sowohl von Arbeitnehmerseite (Betriebsratsvorsitzenden) als auch Arbeitgeberseite unterzeichnet sind. Es besteht Einigkeit bei allen Beteiligten in der Arbeitswelt darüber, dass Chancen und Herausforderungen am Besten in der Praxis „ad experimentum“ zu beobachten sind. Der nächste Schritt liegt also darin, die Anforderungen an eine Online-Betriebsratswahl zu formulieren und einen rechtssicheren Experimentierraum zu schaffen, für die Unternehmen, die dem Pionier Beiersdorf folgen wollen.