CDU-Parteitag

Die CDU hat im Januar 2021 erstmals einen vollständig digitalen Parteitag abgehalten. Der neue CDU-Vorsitzende, Armin Laschet, wurde von 1.001 Delegierten mit dem POLYAS Live Voting gewählt. Wie es die Bundespartei geschafft hat innerhalb von 5 Wochen ihren Parteitag vorzubereiten und auf welche Situationen sie sich dabei eingestellt hat, erfahren Sie im Interview mit Dr. Stefan Hennewig, dem Bundesgeschäftsführer der CDU.

Sehr geehrter Herr Dr. Hennewig, vielen Dank für Ihre Bereitschaft uns einen Einblick in Ihre Arbeit zu geben und Ihre Perspektive auf den ersten digitalen Bundesparteitag Deutschlands zu teilen. Wie kam es zu der Entscheidung den CDU-Parteitag digital umzusetzen und die Wahl online durchzuführen? Welche Alternativen haben Sie erwogen?

Stefan Hennewig über den digitalen CDU-ParteitagWir haben im Vorfeld des CDU-Parteitages drei Varianten zur Durchführung des Parteitages geprüft: 1. Die klassische Präsenz-Variante, 2. eine hybride dezentrale Variante, 3. die rein digitale Variante.

Am Ende erfolgte die Entscheidung für die erstmals rein digitale Parteitagsvariante einerseits aufgrund der Entwicklung der Corona-Pandemie, andererseits auch nach Abwägung aller anderen Argumente. Und ich denke man kann sagen: Es war die richtige Entscheidung. Wir haben mit der digitalen Durchführung Maßstäbe gesetzt.

Was war die rechtliche Grundlage der Wahl? Waren Anpassungen der Wahlordnung notwendig, welche Hürden galt es zu nehmen?

Die rechtliche Grundlage für die digitale Wahl bildete das Covid-19-Gesetz. Das Gesetz ermöglicht eine sogenannte „digitale Vorabstimmung“, legt darüber hinaus aber fest, dass eine rechtlich verbindliche Schlussabstimmung per Urne oder Briefwahl durchgeführt werden muss. Technisch und organisatorisch war unser Anspruch aber, dass die Wahlen auch komplett digital funktionieren, d.h. dass auch die grundgesetzlich festgeschriebenen Wahlgrundsätze, die für öffentliche Wahlen gelten, erfüllt werden.

Mit unserer politischen Forderung, dass auch rechtssichere rein digitale Wahlparteitage – ohne anschließende Briefwahl – möglich sein sollten, konnten wir uns leider im Vorfeld nicht durchsetzen.

Wie haben Sie sich auf die Online-Wahl vorbereitet? Welche Szenarien rund um die Wahl haben Sie einkalkuliert?

Wir haben zunächst die rechtlichen Möglichkeiten und potenzielle Hürden geprüft. Neben den rechtlichen Aspekten stand zudem die Durchführbarkeit im Vordergrund: Also die Frage: Wie ermöglichen wir unseren 1.001 Delegierten in der Altersspanne von 20 bis 88 Jahren, dass sie alle an dem Parteitag ohne Probleme teilnehmen können. Aufgrund dieser Zielsetzung haben wir von Anfang an auf ein sehr breit angelegtes Informationsangebot für unsere Delegierten gesetzt, von Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Video-Tutorials, einer Service-Hotline und nicht zuletzt drei technischen Probeläufen mit den Delegierten im Vorfeld des CDU-Parteitages. Insbesondere diese Testläufe waren gut investierte Zeit.

Ein weiteres Risiko stellte eine potenzielle Überlastung unserer Server-Kapazitäten sowie Cyber-Angriffe dar. Technologisch haben wir am Ende drei Systeme parallel eingesetzt: Unserer Webseite cdu.de für den Stream, den digitalen Plenarsaal für die Abstimmungen und Wortmeldungen der Delegierten sowie POLYAS als Wahlsystem. Alles war auf verschiedenen Servern erreichbar und auch die Leitungsinfrastruktur aus dem Studio heraus hatten wir redundant ausgelegt. Hier wären also noch Backups für die Wahlen möglich gewesen, die brauchten wir aber zum Glück nicht.

Wie haben Sie den Wahltag erlebt und welche der einkalkulierten Szenarien sind tatsächlich eingetreten?

Während der digitalen Wahlgänge waren wir natürlich besonders angespannt, da für uns diese Art der Durchführung auch ein Risiko darstellte und wir uns des öffentlichen Drucks bewusst waren. Tatsächlich gab es Freitag und Samstag gerade zu den Wahlgängen massive DDoS-Angriffswellen. Unsere Webseite cdu.de war als „Opfersystem“ teilweise schwer erreichbar, aber die drei Systeme waren wie beschrieben voneinander getrennt, so dass der Ablauf des Parteitages selbst nicht gefährdet war.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit POLYAS erlebt?

Die Zusammenarbeit war sowohl im Vorfeld als auch während des Parteitages sehr professionell und angenehm.

Welche Elemente des digitalen CDU-Parteitages wollen Sie für künftige Versammlungen beibehalten und warum?

Künftige Parteitage werden nicht mehr klassisch nur offline stattfinden, wir werden in Zukunft deutlich stärker auf hybride Formate setzen, um jedem die Teilnahme zu ermöglichen und zudem Parteitage stärker „digital denken“. Allerdings müssen dafür noch rechtliche Regelungen angepasst werden. Der Parteitag im Januar hat beschlossen, dass sich die CDU genau dafür einsetzen soll. Und wenn wir damit erfolgreich sind, dann war das vermutlich nicht der letzte digitale Parteitag der CDU Deutschlands.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Sehen Sie sich hier das ganze POLYAS Webinar zum CDU-Parteitag an:

About Anna-Maria Palzkill

Als Kommunikationswissenschaftlerin interessiere ich mich für den Einfluss von Technik auf das Leben zwischen Politik und Wirtschaft. Ich möchte kleinen Zwischentönen auf die Spur kommen und schrecke nicht vor großen Worten zurück.