Wahlalter 16: Über die Debatte in Deutschland und Wahlvoraussetzungen in anderen Ländern
Kurz vor dem Jahreswechsel 2022/2023 war es Thema im Deutschen Bundestag: Soll bei Bundestagswahlen das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden? Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) findet ja, da auch bei Kommunal- und Landtagswahlen sowie der Europawahl schon mit 16 gewählt werden kann.
Unterschiede in Bezug auf das Wahlalter gibt es jedoch weltweit. Lesen Sie hier, welche anderen Kriterien für das Wahlrecht im Ausland bestehen und wo es sogar eine Wahlpflicht gibt.
Debatte in Deutschland: Wahlalter 16
Personen, die bereits im jungen Alter wählen dürften, gingen später in ihrem Leben eher zur Wahl als jene, die dies nicht dürften – diese Meinung vertritt jedenfalls Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Die Unterschiede beim Wahlalter auf kommunaler, Landes- und Bundesebene in Deutschland und auch Europa seien für Bürger:innen nicht nachvollziehbar, so die Politikerin. Deshalb sprach sie sich am Jahresende 2022 dafür aus, das Wahlalter 16 bei Bundestagswahlen einzuführen.
Erst im November 2022 wurde das Wahlrecht bei Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre abgesenkt. Diese Entscheidung und die schon lange währende Debatte dürften Anlass dafür sein, die Unterschiede in Deutschland langfristig anzugleichen.
Auf kommunaler Ebene dürfen junge Deutsche nur im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Sachsen nicht mit 16 Jahren wählen. Auf Landesebene sind es hingegen nur Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, die dies überhaupt ermöglichen.
Auch wir haben uns bereits mit den Vor- und Nachteilen des Wahlalters 16 auseinandergesetzt >
Wahlalter international
Weltweit liegt das Wahlalter meist zwischen 18 und 20 Jahren. Das wohl niedrigste Wahlalter hatte bis ins Jahr 2007 der Iran: Wählen mit nur 15 Jahren war dort möglich. Vor den Parlamentswahlen 2008 entschied man in Teheran, das Wahlalter auf 18 hochzusetzen, da jüngere Jugendliche noch nicht reif genug für die politische Meinungsbildung seien.
In vielen lateinamerikanischen Staaten wie Brasilien, Ecuador, Nicaragua, Argentinien und Kuba ist das Wahlalter 16 jedoch Standard. Einige afrikanische Staaten wie der Sudan oder die Seychellen sowie das asiatische Osttimor gehen den weniger konventionellen Weg und ermöglichen das Wählen ab 17.
In Österreich ist das Wählen sogar auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ab 16 erlaubt. Das Land hat hiermit überwiegend positive Erfahrungen gemacht, merkt aber auch, dass gerade bei jungen Wähler:innen die politische Bildung und Aufklärung insbesondere in Schulen entscheidend ist.
Im Vatikan ist das Wahlalter nach oben hin begrenzt, hier dürfen Kardinäle bei Papstwahlen nur bis sie 80 sind wählen. Besonders hoch liegt das Wahlalter auf den Fidschis, in Gabun, Malaysia oder den Malediven mit 21 Jahren sowie bei Senatswahlen in Italien, wo man erst mit 25 Jahren abstimmen darf.
Wahlrecht weltweit: Soziale Einflüsse
In vielen Ländern der Erde ist jedoch nicht ausschließlich das Alter ausschlaggebend dafür, ob man das Recht hat, zu wählen. Hier zählt vielmehr der soziale Status oder die eigene Bildung:
Verheiratete wählen früher
Wer in Mexiko oder Indonesien jung verheiratet ist, darf früher wählen. So dürfen Vermählte in Mexiko bereits mit 16 statt erst mit 18 wählen gehen.
In Indonesien dürfen Verheiratete jeden Alters wählen, egal wie jung sie sind. Das allgemeine Wahlalter liegt hier bei 17. Da das Mindestalter fürs Heiraten in Indonesien 2019 allerdings auf 19 Jahre heraufgesetzt wurde, greift die Regelung des Wählens unter 17 bei Verheirateten nicht mehr.
Bildung als Voraussetzung
Im Libanon ist das Recht zu wählen zumindest beim weiblichen Teil der Bevölkerung an den Bildungsstand geknüpft. Frauen ab 21 Jahren müssen nachweisen, dass sie die Grundschulbildung besitzen. Männer hingegen müssen dies nicht tun, sie haben sogar die Pflicht, wählen zu gehen.
Beruf entscheidet über Wahlrecht
Armeeangehörige in Guatemala sowie Militär- oder Sicherheitskräfte im Oman haben aufgrund ihrer Berufswahl kein Recht zu wählen. Dies ist auch in anderen Ländern wie Kuwait oder dem Libanon Praxis.
Auf dem Balkan, in Kroatien, Bosnien und Herzegowina oder Slowenien, ist ein früher Weg in die Berufstätigkeit von Vorteil. Hier dürfen junge Berufstätige bereits mit 16 Jahren statt wie üblich erst mit 18 ihre Stimme abgeben.
Strafen fürs Nicht-Wählen: Wahlpflicht weltweit
Neben dem Recht aufs Wählen gibt es in vielen Ländern der Erde auch eine Wahlpflicht. Diese steht in Ländern wie Argentinien, Italien oder Belgien im Gesetz, es wird aber in der Regel keine Strafe bei Nichtteilnahme verhängt. Anders ist das in Ländern wie Uruguay, Ecuador oder Peru. Hier müssen Bürger:innen, die nicht gewählt haben, eine Geldstrafe zahlen. In Brasilien wird, wenn man keine konkrete Begründung hat, warum man der Wahl fernbleibt, ebenfalls eine Geldstrafe fällig. Diese Geldstrafe muss zwingend entrichtet werden, um den eigenen Wahlstatus wiederherzustellen. Zahlt man nicht, kann man wichtige Dokumente, die für die Arbeitssuche, das Eröffnen eines Kontos oder das Reisen notwendig sind, nicht mehr beantragen. Wer dreimalig nicht wählt, bekommt das Wahlrecht entzogen.
Auch in Bolivien werden Nicht-Wähler:innen hart bestraft: Neben einer Geldbuße von 150 Bolivianos, was etwa 20,50 € entspricht, kann der Personalausweis eingezogen oder das Bankkonto gesperrt werden.
In Ägypten, Australien oder auf den Fidschi-Inseln kann man Wahlverdrossenheit sogar mit einer Nacht hinter Gittern sühnen. In Australien geht die Wahlpflicht unter anderem auf den Ersten Weltkrieg und die hohe Anzahl an gefallenen Australier:innen zurück. Seit der Einführung ist die Wahlbeteiligung hier sehr hoch.
Mehr zur Wahlpflicht im Ausland lesen Sie hier >
Wahlpflicht in Deutschland?
Auch in Deutschland wurde über eine Wahlpflicht und ein damit verbundenes mögliches Bußgeld diskutiert. SPD-Abgeordneter Jörn Thießen schlug nach den für seine Partei schlechten Ergebnissen bei der Europawahl 2009 die Einführung einer solchen Regelung vor. Er erhoffte sich hiermit, wie dies auch in anderen Ländern der Erde mit Wahlpflicht der Fall ist, eine hohe Wahlbeteiligung. Auch Politiker:innen seien verpflichtet, im Parlament abzustimmen, so Thießen und dies könne man ebenso von Wähler:innen verlangen. 50 € solle jede:r Bundesbürger:in zahlen, der:die nicht wählen geht. Der Vorschlag stieß allgemein auf wenig Begeisterung und wurde schlussendlich nicht in die Tat umgesetzt.