Wie funktioniert Pressearbeit im Betriebsrat? Erfahren Sie es im Interview mit Friedrich Oehlerking

Nachgefragt… Wir sprechen heute mit Friedrich Oehlerking. Seit 40 Jahren Journalist und seit etwa vier Jahren als freier redaktioneller Mitarbeiter zuständig für den Newsblog der „Themenwelt Betriebsrat & Personalrat“ des Fachverlages WEKA MEDIA. Davor lag sein Fokus viele Jahre auf dem Gebiet der Telekommunikation. Oehlerking gibt darüber hinaus als Dozent an der Akademie der Ruhr-Universität Bochum Seminare zum Thema Pressearbeit für Betriebsräte. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie Betriebsräte Pressearbeit im digitalen Zeitalter erfolgreich gestalten können.

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Guten Tag Herr Oehlerking. Zunächst stellen wir uns natürlich die Frage: Ist Pressearbeit im Betriebsrat überhaupt nützlich?

Als WEKA mir die Aufgabe für den News-Blog der „Themenwelt Betriebsrat & Personalrat“ übertrug, gab es so etwas wie eine professionelle Pressearbeit von Betriebsräten so gut wie nicht. Das Bewusstsein dafür geht bei vielen Betriebsräten kaum über die Produktion einer BR-Zeitung oder den Versand von Newslettern hinaus. Viele wissen nicht, wie sie professionell mit Journalisten agieren müssen, um eine Berichterstattung erwarten zu können.

Vor allem die externe Pressearbeit ist hier ein Problem. Diese ist durchaus nützlich und nötig. Was viele nicht wissen: Pressearbeit kann ein Mittel der Streitschlichtung sein und nicht nur für Arbeitnehmer, sondern für das komplette Unternehmen positive Auswirkungen haben – und ist weit kostengünstiger für den Betrieb als die Konsultation eines Rechtsanwaltes.

Das heißt also, dass die interne Kommunikation mit den Arbeitnehmern in der Regel gut funktioniert, es allerdings bei der externen Kommunikation mit Vertretern der Presse noch Nachholbedarf gibt?

Lassen Sie es mich so sagen: Viele Betriebsräte gehen offenbar davon aus, dass Pressearbeit Sache entweder des Unternehmens oder einer Gewerkschaft ist. Das ist aber falsche Bescheidenheit. Eine Gewerkschaft verfolgt eigene Ziele, so wie ein Unternehmen eigene Ziele verfolgt. Die Ziele der Beschäftigten müssen mit diesen nicht in jeder Beziehung deckungsgleich sein. Die den Betriebsräten anvertrauten Beschäftigten stellen in ihrer Gesamtheit eine selbständige Einheit dar. Sie sind nicht per se Gefolgsleute einer Gewerkschaft oder eines Unternehmens. Sie haben ein Anrecht darauf, dass ihre Vertretung, der Betriebsrat, ihre Ziele unabhängig von denen der anderen Seiten vertritt – auch und gerade gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit.

Welche Werkzeuge und Grundregeln sollten Betriebsräte für eine erfolgreiche Pressearbeit Ihrer Meinung nach denn kennen und einsetzen?

Journalisten treten dem Betriebsrat mit einem bestimmten professionell gesteuerten Interesse entgegen. Diesem Bedürfnis des Journalisten muss ein Betriebsrat entsprechen.
Deshalb sollte es innerhalb des Betriebsrats auch eine Person geben, die für die Kommunikation mit der Presse zuständig ist. Dieser Ansprechpartner sollte über alle Grundinformationen zum Unternehmen und der Betriebsratsarbeit verfügen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass er sich regelmäßig mit dem Arbeitgeber darüber abstimmt, welche Informationen in der Öffentlichkeit preisgegeben werden dürfen.

Friedrich Oehlerking im Interview zur Pressearbeit im BetriebsratJournalisten wollen Informationen, die belegt werden können und keine persönlichen Emotionen oder Eindrücke. Gefühlsausbrüche gegenüber der Presse können negative Folgen haben. Im schlimmsten Fall drohen Klagen wegen übler Nachrede, Verleumdung oder Beleidigung. Ganz wichtig ist auch ein Vertrauensverhältnis zur Presse. Dieses muss der Betriebsrat jedoch erst aufbauen, indem er zum Beispiel regelmäßig Pressemitteilungen verschickt. Sie sollten seriös und mit Fakten untermauert sein. Nur so lernen Journalisten die Arbeit des Betriebsrats kennen. Sie gewöhnen sich so an den Betriebsrat als Informationsquelle neben anderen wie Gewerkschaften oder Unternehmen.

Bei Pressemitteilungen sollte allgemein auf die allgemeinen Grundlagen der Rechtschreibung und Grammatik geachtet werden. Außerdem sind Fremdworte und Anglizismen zu vermeiden, da man davon ausgehen sollte, dass nicht alle Menschen über Fremdsprachenkenntnisse verfügen. Das wiederum kann für den Journalisten zusätzlichen Aufwand bedeuten und ein mögliches Hindernis für die Veröffentlichung der Nachricht darstellen.

Gibt es auch Dinge, die Betriebsräte auf keinen Fall tun sollten, wenn es um die Darstellung in der Presse geht?

Wie oben schon angedeutet: Rachegelüsten nachgeben und Personen persönlich angreifen, beleidigen oder verunglimpfen, geht überhaupt nicht. Kritik sollte allgemein formuliert sein. Beispielsweise: „Die Unternehmenspolitik ist nicht zufriedenstellend, da …“ ist besser als „Herr Musterleiters Strategie der Stellenstreichung …“.

Auch diese Aussagen sollten mit Fakten belegbar sein: Besteht die Unternehmenspolitik wirklich nur aus Stellenstreichungen? Oder ist es vielleicht doch eher so, dass das durch die Leitung vorgelegte Konzept nicht zu einer Gesundung des Unternehmens führt und das vom Betriebsrat erarbeitete Konzept dazu viel geeigneter wäre?

Nicht vergessen: Die Presse berichtet für ihre Leser. Und die wollen über Ereignisse informiert werden, die sie auch etwas angehen. Die verbreiteten Informationen sollten also für Beschäftigte, Unternehmen und im Bestfall auch für die Stadt oder Region, in der das Medium veröffentlicht wird, relevant sein.

Wie wird die Pressearbeit des Betriebsrats durch die digitalen Medien beeinflusst?

Grundsätzlich kann jedermann im Internet Informationen schnell und einfach verbreiten. Aber das Internet vergisst nicht. Und: Nachrichten in sozialen Netzwerken sind Schriftstücke. Man sollte sich immer bewusst sein: was man auf Twitter oder Facebook geschrieben hat, ist öffentlich. Schnellschüsse sind also zu vermeiden.

Der Kontakt zu Journalisten über Soziale Medien dient im Allgemeinen der Verbreitung grundsätzlicher Information wie Pressemitteilungen. Sie sind nicht das Mittel der Wahl, um mit einem einzelnen Journalisten in Kontakt zu treten. Man kann sie aber nutzen, wenn man bereits ein gutes Verhältnis pflegt.

Journalisten werden, wenn sie dringend eine Information benötigen, in den wenigsten Fällen auf soziale Medien zurückgreifen, sondern zum Telefonhörer. Hier ist darauf zu achten, dass der Journalist mit dem Presseansprechpartner im Betriebsrat spricht und nicht mit einer anderen Person.

Sollten digitale Kanäle genutzt werden, um die Belegschaft für die nächste Betriebsratswahl zu mobilisieren?

Jeder Kanal, der legitim und legal genutzt werden kann, sollte auch genutzt werden. Außerdem sind digitale Kanäle oft wesentlich kostengünstiger als Veröffentlichungen auf Papier oder der Versand von Wahlaufrufen per Post. Nicht zuletzt ist es auch bequemer. Es sollten heutzutage sowieso ein großer Teil der Pressearbeit digitalisiert werden. So lässt sich eine Menge an Aufwand einsparen, der die eigentliche Betriebsratsarbeit behindert.

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Vielen Dank für das Interview.

About Elisa Utterodt

Egal ob in Österreich, Syrien oder den USA, politische Entscheidungen und Demokratie sind für mich nicht nur in Deutschland von Belang. Vor allem der Einfluss der Digitalisierung auf Kultur und Gesellschaft ist für mich ein spannendes wie aktuelles Thema, über das ich gerne berichte. Wenn ich nicht gerade Zeitung lese oder meine Twittertimeline checke, schaue ich mir zur Entspannung Bundestagsdebatten im Fernsehen an. Seit März dieses Jahres bin ich bei Polyas für die Pflege der Social Media Kanäle zuständig, schreibe Blogartikel und unterstütze das Online-Marketing-Team.