Das besondere Verhandlungsgremium hat keinen besonders originellen Namen, was seiner Bedeutung aber keinen Abbruch tut: Es ist dient bei der Gründung von SEs (Societas Europaea) der Aushandlung von Arbeitnehmerrechten. Welche Strategie dabei die beste ist, erfahren Sie im zweiten Teil unserer Serie zum SE-Betriebsrat.

Speziallösung für nationale Unterschiede

Als die sich EU in den 90er Jahren mit der Idee auseinandersetze, eine einheitliche, nach Europarecht geregelte Unternehmensform ins Leben zu rufen, wurde schnell ein Problem deutlich, dass sich auch schon einige Jahre zuvor bei der Gründung des Europa-Betriebsrats (ERB) aufgetan hatte: Die nationalen Arbeitnehmerrechte waren historisch gewachsen und daher einfach zu unterschiedlich, um auf einen gemeinsamen Nenner gebracht zu werden.

Lesen Sie hier mehr über den Unterschied zwischen SE-Betriebsrat und ERB!

Deswegen einigte man sich in der EU-Kommission lediglich auf eine gemeinsame Richtlinie, die nur den Rahmen vorgab und Spielraum für nationale Regelungen ließ. Bei der Einführung des ERB wurde daher beschlossen, dass die Arbeitnehmer ihre Mitbestimmungsrechte mit der Unternehmensleitung aushandeln sollten – das besondere Verhandlungsgremium war geboren. So regelte die EU-Kommission es auch bei den SEs, die seit 2004 gegründet werden können.

Das besondere Verhandlungsgremium

Um ein Unternehmen in eine SE umwandeln zu können, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer informieren und ein besonderes Verhandlungsgremium bilden. Dazu wird ein maximal 40 Mitglieder starkes Wahlgremium gebildet. Dieses muss spätestens zehn Wochen nach der Information durch den Arbeitgeber bestellt oder gewählt worden sein. Für die Verhandlung selbst sind sechs Monate bis ein Jahr vorgesehen. Allerdings kann diese Zeit einmalig um maximal sechs weitere Monate verlängert werden.

Jedes Land, in dem die zu gründende SE Standorte hat, schickt Vertreter ins besondere Verhandlungsgremium. Dabei bemisst sich an der Arbeitnehmeranzahl des Unternehmens die Anzahl der Mitglieder, die ins Wahlgremium entsendet werden. Für jedes angefangene Zehntel der Gesamtbelegschaft werden Vertreter entsandt, sodass wenigstens zehn Arbeitnehmervertreter im Gremium sitzen. Werden aus einem Unternehmen in Deutschland mehr als zwei Mitglieder entsendet, so ist jeder dritte Sitz auf Vorschlag einer Gewerkschaft zu besetzen. Werden mehr als sechs Arbeitnehmer entsendet, steht  jeder siebte einem leitenden Angestellten zu.

Bestandsschutz bei Nichteinigung

Damit Arbeitnehmer am Ende der Verhandlung nicht schlechter dastehen als vorher, gibt es einen Bestandsschutz: Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht auf einen Kompromiss einigen, gilt für alle Betriebsräte einer SE das Mitbestimmungsrecht des am intensivsten mitbestimmten BRs.

Wenn der Arbeitgeber versucht, das Besondere Verhandlungsgremium dazu zu nutzen, eine möglichst geringe Mitbestimmung der Belegschaft durchzudrücken, können deren Vertreter ihre Zustimmung verweigern – und die alten Rechte gelten für alle Betriebsräte im Unternehmen.

Vorsicht beim Aufsichtsrat

Allerdings sollten sich die Arbeitnehmervertreter darüber im Klaren sein, dass ihre Rechte auf dem Stand „eingefroren“ werden, den Sie zum Zeitpunkt der Verhandlung haben. Das ist besonders dann entscheidend, wenn es um die Plätze der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat geht.

In Deutschland muss in einem Unternehmen mit 500 Mitarbeitern ein Drittel der Sitze des Aufsichtsrats  mit Arbeitnehmervertretern besetzt werden. Bei 2000 Mitarbeitern sind es sogar 50 Prozent. Wandelt sich ein Unternehmen in eine SE um, bevor es einen der Schwellenwerte erreicht, bleibt die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat auf dem gleichen Stand.

Andere Ausgänge der Verhandlung

Neben der Nichteinigung gibt es noch zwei weitere Ausgangsszenarien für das besondere Verhandlungsgremium:

  • Abbruch oder Nichtaufnahme der Verhandlung: Aus Arbeitnehmersicht keine zufriedenstellende Lösung, da die jeweiligen nationale Regelungen bestehen bleiben. Für schlechter gestellte BRs in anderen Staaten bleibt dann alles beim Alten. Aber auch der Arbeitgeber kann keine eigenen Vorstellungen umsetzen.
  • Einigung: Sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer können eigene Vorstellungen verwirklichen. Die Arbeitnehmervertreter im besonderen Verhandlungsgremium sollten jedoch dafür Sorge tragen, dass ihre Rechte nicht gemindert werden.

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