Demoskopie und Wahlumfragen - Wie funktioniert Wahlforschung

In unserer neuen Serie stellen wir die aktuellen Entwicklungen der Wahlforschung vor. Im ersten Teil geben wir einen Überblick über die Entstehung und die Grundlagen der Wahlforschung.

Das Wahlverfahren muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit man von demokratischen Wahlen sprechen kann. Zum Beispiel müssen die Wahlbewerber das Spektrum aller relevanten Meinungen abdecken und die gleichen Chancen im Wahlkampf haben. Auf der anderen Seite müssen die Wähler frei zwischen den Bewerben entscheiden können. Diese Grundsätze hängen unter anderem stark vom Wahlsystem ab.

Gerade die Anfänge der Wahlforschung beschäftigten sich daher mit der Frage, welche Auswirkungen die Entscheidung für ein bestimmtes Wahlsystem auf das Wahlergebnis hat, und welches Wahlsystem als das Beste – sprich demokratischste – angesehen werden kann. So stand das technische Verfahren, nach dem Wähler ihre Stimme(n) abgeben und diese in Mandate umgesetzt werden, im Fokus der frühen Wahlforschung.
Heutzutage steht allerdings weniger die Betrachtung der Wahlsysteme mit ihren Auswirkungen im Mittelpunkt der Wahlforschung. Forscher betrachten heute vor allem das individuelle Verhalten der Wähler.

Moderne Wahlforschung

In der modernen Wahlforschung steht allerdings weniger die Betrachtung der Wahlsysteme mit ihren Auswirkungen im Mittelpunkt. Forscher betrachten heute vor allem das individuelle Verhalten der Wähler.

Die moderne Wahlforschung stellt sich in erster Linie drei Grundfragen:

  • Welche Wähler beteiligen sich aus welchen Gründen überhaupt an einer Wahl?
  • Welche Prognosen sind für den Ausgang zukünftiger Wahlen möglich?
  • Wie lässt sich die Wahlentscheidung der Wähler im Nachhinein erklären?

Diesem Trend zufolge müsste die „Wahlforschung“ eigentlich in „Wahlverhaltensforschung“ umbenannt werden.

Ein beliebtes Mittel der Wahlverhaltensforschung ist die Demoskopie, besser bekannt als Meinungsforschung. Durch telefonische, persönliche, schriftliche und neuerdings auch Online-Befragungen von Wahlberechtigten, sollen Stimmungen innerhalb der Bevölkerung ergründet werden.

Wählerforschung vs. Wahlsystemforschung

Obwohl Wählerforschung und Wahlsystemforschung eng miteinander verbunden sind, werden sie in der konkreten Forschung viel zu oft getrennt betrachtet. Ein Grund dafür liegt in den verschiedenen Herangehensweisen der Forschungszweige an ihren Untersuchungsgegenstand. So wird bei der Wahlsystemforschung ländervergleichend gearbeitet, da innerhalb eines Landes die Variation der Wahlsysteme zu gering ist, um die Wirkung unterschiedlicher Systeme untersuchen zu können.
Während Informationen über die formalen Regeln der Wahlsysteme in verschiedenen Ländern der Welt relativ leicht zu beschaffen sind, ist es schwer, das tatsächliche Verhalten der Wähler zu erfassen. Deshalb wurden die Daten lange Zeit nur aggregiert – nämlich als nationales Wahlergebnis – zur Kenntnis genommen.
Obwohl das Wahlsystem den Rahmen für die Durchführung der Wahl vorgibt und so auch Auswirkungen auf das Wählerverhalten hat, wurden seine Auswirkungen in der Wählerforschung lange ausgeblendet. Seit 1997 sind jedoch detailliertere Studien vorhanden, die eine engere Zusammenarbeit zwischen Wählerforschung und Wahlsystemforschung in Aussicht stellen.

Probleme und Perspektiven

Die Wahrnehmung der Wahlforschung in der Öffentlichkeit wird meist von kurzfristigen Wahlprognosen bestimmt. Bekannt ist zum Beispiel die Sonntagsfrage, die vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap durchgeführt wird.

Wahlprognosen weisen jedoch einige Probleme auf. So steht der Vorwurf im Raum, dass das Vorgehen vieler moderner Studien laut Forschern nicht ausreichend komplex ist, da ein großer Teil der Ergebnisse auf Stichproben von zufällig ausgewählten Personen, die zu einem einzigen Zeitpunkt und in einem einzigen Staat erhoben wurden, basiert. Datensätze sollten der Kritik zufolge zusätzliche Informationen über das unmittelbare soziale Umfeld, in dem eine Person lebt, beinhalten. Außerdem könnte man durch das Durchführen von Wiederholungsbefragungen Vermutungen über Entwicklungen auf der Individualebene überprüfen.

Wie aus der Beschreibung schon hervorgegangen ist, entwickelt sich die Wahlforschung ständig weiter. Gerade im digitalen Zeitalter blickt sie neuen Herausforderungen entgegen. Welchen Herausforderungen sich die Wahlforschung der Zukunft stellen muss und wie digitale Kommunikationsmedien zur Wahlforschung beitragen, erfahren Sie in den folgenden Teilen unserer Serie.

Hier erfahren Sie mehr über Wahlforschung