Am 4.12. stimmt Italien über eine Verfassungsreform ab

Der 4. Dezember 2016 ist ein wichtiges Datum für die Geschichte der Italienischen Republik. Alle Staatsbürger sind in einem Volksentscheid dazu aufgerufen über die von Ministerpräsident Matteo Renzi initiierte Verfassungsreform „Boschi-Renzi“ abzustimmen.

Die Verfassungsreform ist nach der Ministerin Maria Elena Boschi benannt, die die Reform gemeinsam mit der Renzi-Regierung angestoßen hat.
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Inhalte der Reform zusammengefasst und schildern, welche Bedeutung die Verfassungsreform für Italiens Politik hat.

Die Verfassung reformieren

Eine Änderung der italienischen Verfassung ist nur unter Befolgung spezifischer Revisions-Gesetze möglich. Das Revisionsverfahren ist im Artikel 138 der italienischen Verfassung verankert.

Artikel 138 sieht zwei Möglichkeiten für eine Verfassungsreform vor:
Die Fase Necessaria, bei der das Parlament eigenständig über die Verfassungsreform entscheidet, indem es zweimal mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für die Reform stimmt. Wobei drei Monate zwischen den beiden Abstimmungen liegen müssen.

Die andere Möglichkeit ist die sogenannte Fase eventuale. Wird die Reform vom Parlament abgelehnt, können die Staatsbürger in einem Verfassungsreferendum über die Reform abstimmen. An diesem Punkt befindet sich die Verfassungsreform „Renzi-Boschi“
Tritt die Verfassungsreform in Kraft wird sie durch den Präsidenten der Republik in der Gazzetta Ufficiale verankert.

Einfluss der Verfassungsreform auf die italienische Politik

Das italienische Parlament besteht aus zwei Kammern den Senato della Repubblica (Senat der Republik) und die Camera dei Deputati (Abgeordnetenkammer), die gleichberechtigt Entscheidungen treffen. Der Gedanke hinter dem Zweikammersystem in Italien ist die Durchführung besonders demokratischer Abstimmungen. Allerdings können Entscheidungen nur langsam getroffen werden, da erst beide Kammern abstimmen müssen.

Die Verfassungsreform, die durch die Regierung Renzi initiiert wurde, soll den Senato della Repubblica entmachten und der Camera Deputati mehr Macht verleihen. Tritt die Reform in Kraft wird die Abgeordnetenkammer in Zukunft direkt von den Wahlberechtigten gewählt. Zu ihren Aufgaben gehören dann die Gesetzgebung und die Vertrauensaussprache gegenüber der Regierung.

Der neue Senat: Senato delle Regioni

Kommt es zur Verfassungsreform wird der bisherige Senat der Republik durch den Senato delle Regionie, den Regionalsenat, ersetzt. Er wird statt 350 Abgeordneten nur noch 100 Mitglieder haben und vertritt die Anliegen der italienischen Regionen. Seine Mitglieder werden nicht direkt durch das Volk, sondern von Regionalvertretern und dem Präsidenten der Republik gewählt. Wobei die Regionalvertreter 95 Abgeordnete entsenden und der Präsident der Republik 5 Senatsmitglieder bestimmt.

Die Aufgaben des Senato delle Regioni

Der Regionalsenat hat die Möglichkeit über die Gesetzesentwürfe der Abgeordnetenkammer abzustimmen. Allerdings kann die Abgeordnetenkammer Gesetze auch ohne Zustimmung des Senats erlassen. Darüber hinaus wählt der Senat den Präsidenten der Republik, das Consiglio superiore della magistratura (den Obersten Rat der Gerichtsbarkeit ) und das Corte Costituzionale (das Verfassungsgericht). Die Hauptaufgabe des neuen Senats wird aber in der Vermittlung zwischen Staat, Regionen und Kommunen bestehen.

Zuständigkeit des Staates und der Regionen

Artikel V der italienischen Verfassung beschreibt die Kompetenzen des Staats und der Regionalregierungen. Tritt die Verfassungsreform in Kraft muss Artikel V angepasst werden, denn viele Themen werden von diesem Punkt an nicht mehr in Verantwortung der Regionen, sondern in der Kompetenz der Regierung in Rom liegen. So würde die Regierung zukünftig über Themen wie Energie, Umwelt und Arbeitssicherheit entscheiden.

Das Quorum

Das Renzi-Boschi-Verfassungsreferendum sieht außerdem eine neue Quoren-Regelung vor. Um ein gültiges Referendum durchzuführen benötigte man bislang 50%+1 aller Wahlberechtigten, in Zukunft 50%+1 aller Wähler, die an der letzten politischen Wahl teilgenommen haben, an einer Abstimmung partizipieren, damit diese gültig ist. Um ein Referendum zu initiieren waren bislang 500.000 Unterschriften nötig, in Zukunft müssen Anträge 800.000 Unterschriften aufweisen. Bei Volksentscheiden sind nach der Verfassungsänderung 150.000 Unterschriften nötig, statt wie bislang 50.000.

Mehr zu Quorenregelungen in Deutschland und Europa erfahren Sie hier.

Das Consiglio nazionale per l’economia e il lavoro

Mit der Verfassungsreform wird auch das Consiglio nazionale per l´economia e il lavoro (Der nationale Wirtschafts- und Arbeitsrat) abgeschafft. Dieser ist bislang für die Gesetzgebung im Bereich Arbeit und Wirtschaft zuständig.

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern

Durch das Referendum unterstützt werden, soll die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Ziel ist es, Frauen direkter an der Entscheidungsfindung im Staat teilhaben zu lassen, in dem man sie für die Arbeit im Parlament begeistert. Bislang sind 31,4% der Parlamentsabgeordneten Frauen, durch die Reform soll dieser Anteil gesteigert werden.

About Elisa Utterodt

Egal ob in Österreich, Syrien oder den USA, politische Entscheidungen und Demokratie sind für mich nicht nur in Deutschland von Belang. Vor allem der Einfluss der Digitalisierung auf Kultur und Gesellschaft ist für mich ein spannendes wie aktuelles Thema, über das ich gerne berichte. Wenn ich nicht gerade Zeitung lese oder meine Twittertimeline checke, schaue ich mir zur Entspannung Bundestagsdebatten im Fernsehen an. Seit März dieses Jahres bin ich bei Polyas für die Pflege der Social Media Kanäle zuständig, schreibe Blogartikel und unterstütze das Online-Marketing-Team.