Das Kanzlermodell gilt als Zauberformel zur Vorhersage des Ausgangs der Bundestagswahl - wie funktioniert es?

Wahlumfragen gibt es viele, doch in letzter Zeit waren wenige wirklich verlässlich, wenn es um eine Prognose der Wahlergebnisse im vergangenen Jahr ging. So sah es lange danach aus als würde die neue amerikanische Präsidentin Hillary Clinton heißen. Nun ist Donald Trump seit etwa sechseinhalb Monaten im Amt. Auch mit einem Votum für den Brexit hatte im letzten Jahr niemand gerechnet. Seit knapp einem Monat laufen die Verhandlungen für den EU-Austritt Großbritanniens. Doch es scheint eine Formel zu geben, die den neuen Kanzler nach der Bundestagswahl bis auf 0,2 Prozentpunkte genau vorhersagen kann: Das Kanzlermodell.

Wie funktioniert das Kanzlermodell?

Entwickelt wurde das Kanzlermodell – oder auch die Kanzlerformel – vor der Bundestagswahl 2002 durch den Politikwissenschaftler Thomas Gschwend vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung und Helmut Norpoth von der Universität Stony Brook in New York. Sie beziehen in ihre Berechnung drei Faktoren ein, um den nächsten Kanzler vorherzusagen:

  • Den Popularitätswert des aktuellen Amtsinhabers anhand von Wahlumfragen
  • Den Rückhalt der Parteien in der Bevölkerung, gemessen anhand des Durchschnitts ihrer Ergebnisse in den letzten drei Bundestagswahlen
  • Den Abnutzungsprozess des Amtsinhabers, anhand der Anzahl der bisherigen Amtszeiten.

Sind die Werte ermittelt, wird mit Hilfe statistischer Verfahren die Gewichtung der drei Faktoren berechnet und das Ergebnis ermittelt.

Eine Zauberformel, die Wahlergebnisse genau vorhersagt?

Mit diesem Verfahren sagten die beiden Wissenschaftler bereits 2002, 2005, 2009 und 2013 voraus, wer der neue Kanzler beziehungsweise die neue Kanzlerin werden wird. Da die Formel bei den letzten Bundestagswahlen stets richtig lag, bezeichnen die Medien sie gerne als Zauberformel.

Nur einmal sagte das Kanzlermodell die neue Regierungskoalition nicht genau voraus: Im Jahr 2013 als die FDP aus dem Bundestag flog und die AfD mit 4,7 Prozent einen Überraschungserfolg landete. 0,2 Prozent fehlten den Liberalen damals zum Einzug in den Bundestag. Um 0,2 Prozent unterschied sich das Endergebnis von dem durch das Kanzlermodell errechnete.

Vorhersage zur Bundestagswahl 2017

Auch in diesem Jahr wurde mit der Formel eine Vorhersage für den Ausgang der Bundestagswahl getroffen. So sind sowohl eine schwarz-gelbe als auch eine schwarz-grüne Koalition unter der Führung von Angela Merkel möglich. So käme Schwarz-Gelb insgesamt auf 49,8 Prozent der Stimmen und Schwarz-Grün auf 49,3 Prozent der Wählerstimmen.

Martin Schulz darf sich laut der Wissenschaftler jedoch nur wenig Hoffnung auf einen Sieg machen. Nur 34 Prozent können sich den SPD-Vorsitzenden als Kanzler vorstellen. 66 Prozent hingegen wünschen sich eine weitere Amtszeit Merkels.

Mehr über die Formen und Genauigkeit von Wahlumfragen lesen Sie hier.

About Elisa Utterodt

Egal ob in Österreich, Syrien oder den USA, politische Entscheidungen und Demokratie sind für mich nicht nur in Deutschland von Belang. Vor allem der Einfluss der Digitalisierung auf Kultur und Gesellschaft ist für mich ein spannendes wie aktuelles Thema, über das ich gerne berichte. Wenn ich nicht gerade Zeitung lese oder meine Twittertimeline checke, schaue ich mir zur Entspannung Bundestagsdebatten im Fernsehen an. Seit März dieses Jahres bin ich bei Polyas für die Pflege der Social Media Kanäle zuständig, schreibe Blogartikel und unterstütze das Online-Marketing-Team.