Ob Bundestag, Landtag, Senat oder Bürgermeister: Alle reden von der Digitalisierung, wie wichtig sie sei und dass man sie „vorantreiben“ müsse. Aber was heißt das eigentlich genau? Wir haben uns die Digitalagenda der einzelnen Bundesländer mal genauer angesehen.

Digitalisierung hat viele Gesichter

Eines haben alle Bundesländer, bis auf die Stadtstaaten, gemeinsam: Sie alle wollen den Breitbandausbau endlich vorantreiben und den Bürgern in den ländlichen Regionen endlich schnelles Internet garantieren. Auch Entwicklungen auf dem Gebiet der Arbeit 4.0, der Sicherheit und des E-Learnings haben alle Bundesländer auf ihrer digitalen Agenda. Trotzdem gibt es überall regionale Besonderheiten, die die Digitalpläne der Landesregierungen auszeichnen.

Lesen Sie hier, welche Digital-Vorhaben die mögliche neue Bundesregierung plant!

Nordrhein-Westfalen

Nach dem Ende der Kohle- und Stahlindustrie wandelte sich das Arbeitsleben in NRW hin zum Dienstleistungssektor. Deshalb legt das Bundesland im Westen seinen Schwerpunkt auf Investitionen in die Digitalisierung der Dienstleistung. E-Commerce für den Einzelhandel, digitale Marktplätze für Handwerker oder Roboter in der Pflege sind hier geplant oder schon im Einsatz. Auch im Bereich des Gewerberechts arbeitet das NRW-Wirtschaftsministerium aktuell an Digitalisierungsprojekten.

Niedersachsen

Zwischen Harz und Nordsee liegt der Fokus der Digitalagenda auf der Landwirtschaft und der Automobilbranche, die in Niedersachsen natürlich von Volkswagen dominiert ist. Das Wirtschaftsministerium in Niedersachsen setzt sich zum Beispiel für die Weiterentwicklung des Automobil-Zukunftsfeldes „Autonomes Fahren“ und Elektromobilität ein. Testfeldeinrichtungen vor Ort sollen dazu dienen, die Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie zu sichern. Auch Niedersachsens zahlreiche Landwirte sollen von der Digitalisierung profitieren. Als Beispiel seien hier moderne, miteinander vernetzte Landwirtschaftsmaschinen genannt, die einem fahrbaren Rechenzentrum gleichen und sich per Smartphone oder Tablet bedienen lassen. Die digitalisierte Landwirtschaft („Smart Framing“) hilft den Landwirten die Arbeit zu erleichtern und effizienter zu gestalten.

Rheinland-Pfalz

Mittelgroße Städte wie beispielsweise Mainz, Koblenz oder Kaiserslautern prägen die urbanen Räume im Südwesten der Republik. Es dominiert aber der ländliche Raum, der vor allem vom Weinanbau geprägt ist und mit starkem Wegzug junger Menschen zu kämpfen hat. Dementsprechend will die Landesregierung Rheinland-Pfalz den „demografischen Wandel gestalten und ländliche Räume – Stadt und Land, Jung und Alt – vernetzen“. Außerdem soll die „gesellschaftliche Teilhabe in Zeiten der Digitalisierung“ gewährleistet werden, indem man den Breitbandausbau und den Weg in die Gigabit-Gesellschaft vorantreibt. Auch die Winzer im Weinanbau sollen – ähnlich wie Niedersachsens Landwirte – mit modernen Maschinen, Smartphones und Tablets augestattet werden.

Hessen

Das POLYAS-Gründungs-Bundesland ist auf vielen Ebenen Vorreiter der Digitalisierung. So ist Darmstadt die innovativste Kommune in Deutschland und hat den Wettbewerb „Digitale Stadt“ gewonnen. Das Hessische Bildungsministerium hat das Thema Digitalisierung früh priorisiert und so auch „Flexivote“ – das gemeinsame Forschungsprojekt von POLYAS und der TU Darmstadt – unterstützt.  Bei Flexivote ging es darum, ein digitales Baukasten-System für demokratische Wahlen aufzubauen. Ansonsten setzt die Hessische Landesregierung bei der Digitalisierung voll auf das Thema Sicherheit. Mit neuester Technik und der Prognose-Software ‚KLB-operativ‘ geht Hessen neue Wege. Die Software berechnet aus bisherigen Einbrüchen und vielen weiteren Parametern die wahrscheinlichsten Orte für zukünftige Verbrechen – und hilft der Polizei in Hessen so, die Tat zu vereiteln, noch bevor sie geschieht. Die Hessische Polizei informiert außerdem mit der kostenlosen Katastrophenwarn-App KATWARN Bürger, wenn in Ihrer Nähe etwas passiert. Eine App des Fraunhofer-Instituts wird als Ergänzung zu den bestehenden Warnsystemen eingesetzt und warnt unter anderem bei Anschlägen, Großbränden oder Chemieunfällen.

Baden-Württemberg

Die Schwaben sind führend im Bereich der mittelständischen Wirtschaft, die sich vor allem in der ländlichen Fläche des Bundeslandes zeigt. Daher hat Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut auf dem „Digitalgipfel 2018 – Wirtschaft 4.0 BW“ zehn regionalen Digitalisierungszentren – sogenannte „Digital Hubs“ – angekündigt. Im Rahmen einer branchenübergreifenden Digitalisierungsoffensive investiert das Land in den Aufbau der regionalen Digital Hubs insgesamt rund 10 Millionen Euro. Darüber hinaus sollen die Digital Hubs als erste Anlaufstelle kleine und mittlere Unternehmen beim Einstieg in Digitalisierungsvorhaben unterstützen. Träger der Digitalisierungszentren soll jeweils ein Konsortium sein, an dem sich unter anderem Städte, Landkreise und Gemeinden, Kammern, Verbände, Hochschulen, Unternehmen und Start Ups beteiligen können.

Bayern

Der Freistaat legt bei der Digitalisierung – neben seinen bekannten Großunternehmen wie BMW oder Siemens – den Fokus auf Ladwirtschaft und Forschung. Gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband hat man ein maßgeschneidertes Digitalisierungspaket für die Land- und Forstwirtschaft entwickelt. „Die Digitalisierung und Automatisierung ist wesentlicher Schlüssel für die erfolgreiche Landwirtschaft von morgen“, so die CSU. Die zunehmende Digitalisierung verändere auch die Arbeit auf den Bauernhöfen und das Leben auf dem Land nachhaltig, angefangen vom Melkroboter über den selbstfahrenden Traktor bis hin zu digitalen Grundstücksdaten. „Wir wollen den Einsatz von digitalen Zukunftstechnologien in der Landwirtschaft fördern. Landwirte können daher unseren Fahrzeugpositionierungsservice kostenfrei nutzen“, teilt die Partei auf ihrer Website mit. Im Rahmen eines neuen Doktorandenprogramms des Zentrums Digitalisierung Bayern fördert das Land besonders qualifizierte Doktorandinnen und Doktoranden, deren Promotionsvorhaben einen für die Digitalisierung bedeutenden technisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich relevanten Fokus aufweisen.

Schleswig-Holstein

Das Küstenland will vor allem die ländlichen Räume an die digitale Infrastruktur anbinden und das E-Government ausbauen. Die Landesregierung sieht „in einer leistungsfähigen Informationsarchitektur eine wesentliche Grundlage für eine zukunftsfähige Verwaltung.“ Man zentralisiere und standardisiere die Informations- und Kommunikationssysteme des Bundeslandes. Die Versorgung Schleswig-Holsteins mit leistungs- und zukunftsfähigen Breitbandverbindungen sei außerdem ein landespolitisches Thema von hoher Bedeutung, das sich durch alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen ziehe.

Mecklenburg-Vorpommern

Ähnlich wie Schleswig-Holstein setzt auch das Küstenland Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Digitalisierung auf die Themen Breitbandausbau und E-Government. Auch hier will man so den Digitalisierungsrückstand der ländlichen Regionen aufholen und damit die daraus resultierende Bevölkerungsabwanderung und Überalterung bekämpfen.

Sachsen

Der Freistaat im Osten setzt bei der Digitalisierung besondere Akzente auf das Fachgebiet der Mikroelektronik und auf erhöhte Transparenz des staatlichen Handelns. Man will so dem Misstrauen in den Staat etwas entgegensetzen. So heißt es auf der Homepage der Landesregierung Sachsen: „Wir erhöhen die Transparenz staatlichen Handelns, indem wir mit einem Open Data Portal mehr Daten aus den staatlichen Bereichen öffentlich machen.“ Besondere Bedeutung für die Digitalisierung hat der Bereich Mikroelektronik. Der Freistaat Sachsen konnte sich zu einem der weltweit innovativsten Standorte der elektronischen Chip-Technologie entwickeln. Um Sachsen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu halten, wird der Standort ausgebaut und mit anderen euro­päischen Mikroelektronik-Regionen zusammengearbeitet. Auf EU-Ebene setzt sich Sachsen auch in Zukunft für die strategische Weiterentwicklung der diesbezüglichen Förderung ein.

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt rückt die Modernisierung seiner Verwaltung in den Fokus. Für seine Bürger will das Bundesland ein digitales Angebot von attraktiven Bürger- und Unternehmensdiensten, sowie stabile und sichere Netze bieten. Das neue Landesdatennetz  (ITN-XT) soll dabei die Basis für eine grundlegende Verwaltungsmodernisierung sein. Bei der Einführung von ITN-XT will Sachsen-Anhalt sicherstellen, dass die Kommunen weiterhin einen kostenfreien Zugang erhalten. Die Landesregierung will die Weiterentwicklung von Basisdiensten für die Verwaltung und die Kommunen vorantreiben. Dazu gehört beispielsweise die Einführung eines Bürgerkontos.

Thüringen

Thüringen ist ebenfalls stark von mittelständischen Firmen geprägt. So sollen sich die Aktivitäten auf Digitalisierung des industriellen Mittelstands und des Handwerks, die Zu­kunft der Arbeit und den Digitalen Tourismus fokussieren. Als erste konkrete Projekte werden unter anderem das Modellprojekt „Digitale Innovationen/Digitale Plattformen“, die Ansiedlung des DLR-Instituts für Smart und Big Data in Jena und die Einrichtung eines „Digital Showroom Tourismus in Thüringen“ umgesetzt, mit dem die Attraktivität der Touristinformation am künftigen ICE-Knoten Erfurt erhöht werden soll. Ähnlich wie Sachsen und Sachsen-Anhalt hat Thüringen mit einem starken Rechtsruck zu kämpfen. Durch die Digitalisierung des Verfahrens für Asylsuchende will das Land die behördlichen Vorgänge beschleunigen, transparenter machen und somit die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.

Berlin

Berlin steht für ein Zusammenwirken von Wissenschaft und Forschung, Start Ups, Kultur- und Kreativwirtschaft und traditionellen Industrien. Die Hauptstadt hat mit der Gründung der Berlin Startup Unit eine Plattform geschaffen, um die Rahmenbedingungen für die Vernetzung zu verbessern. Es wurde eine Startup Agenda erarbeitet, die bereits im April 2016 vom „Startup Roundtable“ des Regierenden Bürgermeisters verabschiedet wurde. Im Berliner Kreis zur Digitalisierung haben sich über 50 Entscheidungsträger aus Unternehmen, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Politik, Kammern und Verbänden zusammengefunden und mit einer 10-Punkte-Agenda Projekte auf den Weg gebracht, die Berlin als digitale Hauptstadt stärken sollen: Berlin soll zum Modellprojekt werden, das als erste Metropole in Europa 5G Netze testet und ausrollt, das circa 50 neuen IT-Professuren schafft und das mit dem Einstein-Zentrum „Digitale Zukunft“ sowie dem CityLAB ein Labor für anwendungsorientiere Lösungen der Smart City Berlin entstehen lässt. Mit der E-Government-Strategie hat der Senat 2015 die grundlegende digitale Neuausrichtung der Berliner Verwaltung konzeptioniert und mit Einzelmaßnahmen hinterlegt. Das im gleichen Jahr eingebrachte E-Government-Gesetz konkretisiert den Rechtsrahmen, um die Berliner Verwaltung durch digitale und medienbruchfreie Prozesse zu modernisieren. Interne Abläufe, die Services der Bürgerämter und zentrale staatliche Aufgaben wie Steuerpolitik oder Rechtswahrung sollen bürgernäher, transparenter und wirtschaftsfreundlicher werden.

Bremen

Nach jahrelanger Kritik will Bremen vor allem seine Schulen verbessern und setzt wie viele andere Bundesländer ebenfalls aufs E-Government. In Bremen hat man alle allgemeinbildenden Schulen mit 100 Megabit pro Sekunde an das sogenannte Verbundnetz der öffentlichen Schulen angeschlossen. Außerdem sollen die Ober- und berufsbildenden Schulen in Bremerhaven noch in diesem Jahr an das Glasfasernetz angeschlossen werden. Sämtliche Grundschulen folgen bis Ende 2019.

Saarland

Das Saarland erlebt gerade einen „Strukturwandel neuen Typs“, wie Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger erklärt: „Das Saarland ist ein produktionsintensiver Standort. Auf diesem Feld wird der Einfluss digitaler Prozesse besonders spürbar. Die datenbasierte Produktion wird aber mit Sicherheit noch zunehmen. Ebenfalls zunehmen wird auch im Saarland die Zahl der Unternehmen, die mit digitalen Geschäftsmodellen auf den Markt streben. Wir haben es im Saarland mit einem regionalen Strukturwandel neuen Typs zu tun, den wir nicht erdulden, sondern offensiv gestalten wollen.“ Im Wirtschafts- und Arbeitsministerium wurde zur Umsetzung der Digital-Agenda eine neue Struktur geschaffen. Unter der Überschrift „Energie-, Industrie- und Dienstleistungspolitik“ werden sich insbesondere die Referate „Digitalisierung und Zukunftsmärkte“, „Aus- und Weiterbildung, Fachkräftesicherung“ sowie „Grundsatzfragen der Industrie- und Dienstleistungspolitik“ mit dem neuen Schwerpunkt auseinandersetzen. Im Digitalisierungsreferat ist auch die Netzwerkstelle DiNet angesiedelt.

Hamburg

Mit seiner sehr kompakten Stadt-Struktur und seinen guten Verkehrsnetzen ist Hamburg attraktiv für neue, zumeist digital unterstützte Vertriebskonzepte. Damit bietet Hamburg ein Entwicklungs- und Anwendungsumfeld im Bereich Verkehr und bei zugehörigen Smart Technologies. Der Senat will sich verpflichten, mit öffentlichen Geldern erwirtschaftete Dokumente, Analysen, Gutachten und Statistiken unter Beachtung von Persönlichkeitsrechten der Öffentlichkeit nach den Prinzipien der Open Data zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen die politischen Rahmenbedingungen so geändert werden, dass auch Wissenschaft und Forschung von den Chancen der Digitalisierung noch mehr profitieren können. Hierfür will Hamburg die derzeitigen urheberrechtlichen Regelungen den Anforderungen des wissenschaftlichen Arbeitens und der Weiterverbreitung von Wissen in Forschung und Lehre anpassen.

Brandenburg

Die Digitalisierung soll in Brandenburg viele Lebensbereiche erleichtern und neue Möglichkeiten schaffen. Es gehe um ein neues Miteinander von Mensch und Maschine, so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Brandenburg sei beim Breitbandausbau Spitzenreiter der ostdeutschen Flächenländer und man investiere kräftig, um noch vorhandene Lücken im Netz zu schließen. Das Bundesland sei „nur eine moderne Heimat des 21. Jahrhunderts, wenn in allen Landesteilen die Chancen der Digitalisierung genutzt werden können“. Sie lasse heute keinen Bereich des Lebens mehr unberührt. Deshalb entwickele Brandenburg derzeit eine umfassende Digitalisierungsstrategie.

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