Nachgefragt: In Hessen fanden am 06. März 2016 die allgemeinen Kommunalwahlen statt. Wie wird so eine Wahl vor Ort eigentlich organisiert? – Diese Frage reichen wir direkt weiter an jemanden, der es wissen muss: Marko Pohl war Wahlhelfer bei der Kommunalwahl in Kassel!

Hallo Herr Pohl, Sie waren am 06.03. als Wahlhelfer bei der Kommunalwahl in Hessen eingesetzt. War das Ihre Premiere als Wahlhelfer?

Das war jetzt die vierte Wahl, die ich mitgemacht habe. Bei zwei Wahlen war ich Beisitzer, dann stellvertretender Wahlleiter und diesmal Wahlleiter.

In welchem Wahlkreis waren Sie eingesetzt und wie sind Sie dazu gekommen?

Ich war in meinem Wahlkreis in Kassel-Bad Wilhelmshöhe. Da sind ungefähr 1.000 Wahlberechtigte registriert. In diesem Bezirk wohne ich auch.

Man kommt dazu, wie zu einem „Gewinn“, denn man wird zufällig vom Einwohnermeldeamt ausgesucht. Und es ist eine Bürgerpflicht, die man schlecht ablehnen kann, außer man ist krank, muss Angehörige pflegen oder hat wichtige berufliche Termine. Ich finde das ja auch durchaus interessant, denn man lernt viel. Und wenn man sich beim ersten Mal nicht doof anstellt, macht man es auch immer wieder.

Wie viele Wahlhelfer sind in Ihrem Wahllokal zu Einsatz gekommen?

In unserem Wahllokal waren wir acht Personen: Der Wahlleiter, sein Stellvertreter, der Schriftführer und die Beisitzer. Die Leute kenne ich inzwischen auch schon von den vorherigen Wahlen. Wir sind da ein gut funktionierendes Team.

Marko Pohl, Wahlhelfer bei der Kommunalwahl in Hessen 2016

Marko Pohl, Wahlhelfer bei der Kommunalwahl in Hessen 2016

Sind das alles Bürger oder waren auch Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst dabei?

Alles ehrenamtliche Bürger.

Werden die Wahlhelfer vorher geschult?

Es wurde eine Schulung angeboten. Da war ich aber nicht, weil ich es schon ja schon drei Mal gemacht hatte. Und als ich gehört hatte, dass wir die komplizierte Auszählung nicht selbst machen müssen, hab ich mir das gespart. Aber ich habe auch einen „Leitfaden für Wahlvorstände“ erhalten. Der hat 44 Seiten, wobei da eine Menge Musterstimmzettel und sowas drin sind. Ist ganz leicht verdaulich gemacht, aber bei der Auszählung merkten wir, dass doch nicht jeder Satz eindeutig interpretierbar ist. Bei Unsicherheiten konnte ich eine 0800-er Service-Hotline von der Wahlbehörde anrufen. Da wird einem wirklich kompetent geholfen.

Die Wahllokale hatten von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Danach galt es dann noch, die Stimmen auszuzählen. Hieß das für Sie 12 – 14 Stunden Dauereinsatz oder haben Sie sich mit den anderen Wahlhelfern abgelöst?

Wir haben zwei Schichten gemacht. Eine von 07:30 bis 13:00 und eine von 13:00 bis 18:00 Uhr. Meine Aufgabe war es auch, die Zeitpläne für die Helfer zu machen.

Was waren sonst Ihre Aufgaben als Wahlleiter?

Ich habe einen Tag vor der Wahl die Wahlunterlagen aus dem Rathaus geholt. Ab halb acht haben wir am Wahltag begonnen, die Kabinen aufzustellen, die Stimmzettel auszulegen, die Wahlordnung aufzuhängen und alles einzuordnen. Dann haben wir von 8 bis 18 Uhr die Stimmabgabe überwacht: Der Wähler kommt also in den Raum. An einem Tisch gibt ein Beisitzer die Stimmzettel aus, wenn der Wähler das Benachrichtigungsschreiben vorgezeigt hat. Es kommt nämlich vor, dass Wähler nicht im richtigen Wahllokal landen. Denen sagen wir dann wo sie hin müssen.

Dann gibt der Wähler in der Kabine seine Stimme ab und gibt seinen ausgefüllten Stimmzettel dem nächsten Beisitzer. Der hakt im Wählerverzeichnis ab, dass diejenige Person gewählt hat. An dieser Stelle zeigt der Wähler auch seinen Personalausweis. Der Stimmzettel kommt anschließend in die Urne. Außerdem führen wir eine Strichliste, um zu kontrollieren, dass im Wahllokal kein Stimmzettel verloren gegangen ist.

Um 18 Uhr schließen wir dann das Wahllokal. Wenn ein interessierter Bürger kommt, um bei der Auszählung zuzugucken, ist das natürlich erlaubt. Diesmal war aber keiner da. Dann öffnen wir die Wahlurnen und beginnen mit der Auszählung.

Mehr erfahren über die Aufgaben eine Wahlhelfers

Die Wähler hatten so viele Stimmen, wie das zu wählende Gremium Mitglieder hat. Dabei konnten sie mittels kumulieren und panaschieren auch einzelnen Kandidaten bis zu drei Stimmen geben. Haben die Wähler das verstanden oder gab es viele Fragen?

Diesmal waren ja zwei Wahlen parallel, wobei die Stadtverordneten-Wahl sehr komplex war mit 73 Stimmen. Der Stimmzettel war also sehr groß. Und die Leute riefen „Wie soll ich das denn falten?“. Hier konnte kumuliert und panaschiert werden und es konnten auch ganze Listen gewählt oder Kandidaten aus den Listen gestrichen werden. Fragen dazu kamen nicht. Jedenfalls nicht in meiner Nachmittagsschicht.

Aber von den ungefähr 400 abgegebenen Stimmzetteln diesmal sehr viele ungültig. Ich denke, das waren deutlich mehr, als bei den letzten Wahlen. Oft waren zum Beispiel zwei Listen angekreuzt. Da kann man schon davon ausgehen, dass das dann aus Versehen passiert ist. Und ich fand das fast traurig, weil die echt wählen wollten, es aber technisch oder formal nicht geschafft haben.

Hat Ihnen und Ihren Kollegen im Wahllokal diese Form der Stimmvergabe Probleme beim Auszählen der Stimmen bereitet?

Wir haben im Wahllokal nur die einfachen Stimmabgaben selber ausgezählt. Die komplizierten Stimmabgaben mit kumulieren und panaschieren haben wir ins Rathaus zum Auszählen gegeben. Die haben dann den Abend lang, am nächsten Tag und am Dienstag noch ausgezählt. Alle Rathaus-Ämter waren an den Tagen in Kassel geschlossen, weil die Mitarbeiter mit dem Auszählen beschäftigt waren.

Wie lange hat die Auszählung bei Ihnen im Wahllokal gedauert?

Unsere Auszählung hat ca. 2,5 Stunden gedauert. Dann hab ich die Stimmzettel so ca. halb neun ins Rathaus gebracht.

Das war sicher ein langer, aber auch spannender Tag für Sie. Für die Landtagswahl am kommenden Sonntag in Baden-Württemberg sollen beispielsweise Mannheim und Ulm ihren Freiwilligen 60 Euro bezahlen, die Stadt Karlsruhe zahlt dem Vorsteher des Wahlvorstands sogar 70 Euro. Hat ihr Erfrischungsgeld auch für einen schönen Restaurantbesuch gereicht oder nur für einen Schnellimbiss?

Als Beisitzer bekommt man 30 Euro und ich als Wahlleiter habe 60 Euro bekommen. Aber für das Geld macht man das nicht. Es hat mir ja Spaß gemacht zu sehen, wer wohnt da in meinem Viertel, wer kommt da rein? Ich mach das ganz gern, um auch meinen Bezirk besser kennen zu lernen. Unser Team ist auch ganz nett und war zum Teil auch schon ganz spaßig.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Pohl!

About Anna-Maria Palzkill

Als Kommunikationswissenschaftlerin interessiere ich mich für den Einfluss von Technik auf das Leben zwischen Politik und Wirtschaft. Ich möchte kleinen Zwischentönen auf die Spur kommen und schrecke nicht vor großen Worten zurück.