Die Debatte über Wahlpflicht ist so alt wie die Demokratie selbst. Wir werfen daher heute einen Blick in die Geschichte der Wahlpflicht. Schwerpunkt wird dabei auf die Begründungen für die Einführung in verschiedenen Staaten gelegt.

Australien: Nach dem Krieg kommt die Wahlpflicht

Für Australien ist die Wahlpflicht eine Erfolgsgeschichte. Die Wahlbeteiligung liegt konstant bei über 90%. Eingeführt wurde die Pflicht zur Stimmabgabe nach dem ersten Weltkrieg. Im Krieg sind 60.000 Australier gefallen, was 1,38% der damaligen Bevölkerung entsprach. Nachdem dieses Ausmaß deutlich wurde, wurden in Australien Stimmen laut, die eine Einführung der Wahlpflicht forderten. Sie argumentierten, dass die Freiheit, die so hart erkämpft wurde, wahrgenommen werden muss, um die Gefallenen zu ehren.

Österreich: Aus Angst vor Frauen

Mittlerweile sind die Wahlen in der Alpenrepublik freiwillig, doch das war mal anders. So gab es zwischen 1929 und 1982 eine Wahlpflicht bei der Bundespräsidentenwahl in ganz Österreich. 2007 wurde sie durch eine Wahlrechtsreform gänzlich aus der Verfassung gestrichen.

1949 bis 1992 bestand die Pflicht auch bei den Nationalratswahlen in denjenigen Bundesländern, die dies in ihrem Landesgesetze verankert hatte, wie beispielsweise die Steiermark. Das wurde aber mittlerweile für ganz Österreich abgeschafft.

In der Zeit, in der Wähler zur Stimmabgabe verpflichtet waren, war die Wahlbeteiligung hoch. Seit den 1990er Jahren sank sie allerdings stetig.

Historisch lässt sich diese temporäre Einführung in Österreich mit dem Frauenwahlrecht erklären. Die konservative Christlichsoziale Partei (CSP), Vorläufer der ÖVP, sorgte sich darum, dass es den Sozialdemokraten besser gelingen würde, Frauen zur Stimmabgabe zu mobilisieren. Somit wäre es zu einer Veränderung der Mehrheitsverhältnissen gekommen.

Hier wurde sie abgeschafft

Nicht nur in Österreich wurde die Wahlpflicht schrittweise abgeschafft, auch die Niederlanden und Chile haben sich 1970 beziehungsweise 2011 dazu entschlossen, darauf zu verzichten.

In anderen Staaten besteht die Wahlpflicht zwar formal, aber es gibt keine Sanktionen mehr

Geschichtlicher Kurzüberblick in Deutschland

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es noch nie eine Wahlpflicht gegeben. Auch in der Weimarer Republik gab sie nicht. Im deutschen Parlament gab es 1922 eine Debatte über die Einführung, die Idee hat sich aber nicht durchgesetzt.

In der DDR gab es offiziell keine Wahlpflicht, doch gab es einen großen gesellschaftlichen Druck, der auf den Einzelnen lastete und zur Stimmabgabe zwang. Damit waren die Wahlen nicht frei.

Warum so eine Pflicht gegebenenfalls eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte bedeuten kann, lesen Sie in unserem Wahllexikon.

About Laila Oudray

Um die Welt zu gestalten und zu verbessern, benötigt man Informationen. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diese Informationen zu recherchieren und hoffentlich unterhaltsam aufzubereiten. Wenn ich nicht gerade das World Wide Web für die interessantesten Themen durchforste, lebe ich meine musikalische Seite aus und singe (wie man mir sagt, auch gar nicht so schlecht). Seit April arbeite ich bei Polyas. Hier bin ich für die Pressearbeit zuständig und schreibe Blogartikel.