Wahlbeteiligung steigern durch Online-Wahlen

Was ist E-Voting überhaupt? Welche Vorteile hat Internet-Voting und wo hapert es noch?

In einem Arbeitsheft der Otto Brenner Stiftung befasst sich der Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Direktor der Abteilung „Demokratie und Demokratisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung Berlin (WZB), mit den neuesten demokratischen Innovationen. Darunter das neue politische Phänomen auch als „Digital Democracy“ bekannt.

So wagt der Politikwissenschaftler einen ganz unaufgeregten Blick auf das mancherorts heiß diskutierte Thema „Electronic Voting“. Merkel stellt sogleich den ersten Verwechslungsfehler fest. Denn was die einen unter E-Voting verstehen, ist für die anderen in ihrer Vorstellung etwas komplett anderes. Damit also in Gesprächen über E-Voting keine Missverständnisse aufkommen, gibt es hier jetzt die Erklärung:

 

Was ist E-Voting?

Die erste elektronische Wahlvariante ist das „Direct Recording Electronic (DER) Voting Machines“ oder auch „Electronic Voting Machines (EVM)“. Hierbei handelt es sich um vernetzte Wahlcomputer, die im öffentlichen Raum stehen. Die Stimmabgabe unterscheidet sich also im Partizipationsverhalten der Wähler nicht von herkömmlichen Urnenwahlen. Der Wähler muss persönlich im Wahllokal erscheinen und gibt per Klick seine Stimme im Wahlcomputer ab.

 

Online Bruder Internet-Voting

Auch wenn Wahlmaschinen oft in einem Atemzug mit E-Voting erwähnt werden, bestehen große Unterschiede zum Internet-Voting, bzw. Remote Electronic Voting. Denn hier kann der Wähler mobil von jedem Endgerät   seine Stimmabgabe abgeben. In diesem Punkt sieht Prof. Dr. Merkel auch den zentralen Unterschied. Die Online-Stimmabgabe verändere nicht nur den technischen Ablauf, sondern möglicherweise auch das Wahlverhalten, da der Wähler im privaten Umfeld wählen kann.

 

Was kann Internet-Voting?

Ob Online-Wahlen die Wahlbeteiligung auf nationaler Ebene steigern, konnte laut Prof. Dr. Merkel empirisch noch nicht ausreichend belegt werden, da ein Vergleich mit vergangenen Urnenwahlen oder Briefwahlen nicht reliabel ist. Über das Remote Electronic Voting scheiden sich dementsprechend die Geister. Die Befürworter sehen in Online-Voting die Chance das wahlmüde Europa aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.

Definitiv belegt sind die Vorteile im Wahlmanagement, wodurch sich für den Wahlveranstalter die Wahlkosten senken lassen.

 

Internet-Voting ist kein Prince Charming

Dagegen stemmen sich die Zweifler. Häufige Argumente gegen die Einführung von Online-Wahlen sind: Ein Zuwachs an Wählern mache sich nicht bemerkbar und empirische Studien erbrächten bisher keine Nachweise. Die Stimmabgabe Online wäre also nicht der heiß ersehnte Prinz, der die Rettung bringt.

 

Ein Graben muss überwunden werden

Trotz der Vorteile für Expatriierte, militärisches Personal oder Personen, die erst durch die Option der Mehrsprachigkeit online abstimmen können, schwebt laut der Kritiker das Damoklesschwert des „Digital Divide“ über der Innovation des E-Votings. Nicht jede Bevölkerungsschicht nutze das Internet so intensiv. Diese „digitale Kluft“ würde sich mit der Zeit auflösen, so Merkel, doch es blieben temporäre Nachteile in der politischen Teilhabe für ohnehin bildungsferne Schichten.

 

Safety first

Am Ende steht aber die Sicherheit der Wahl im Vordergrund. Können die festgelegten Sicherheitsanforderungen an eine Online-Wahl eingehalten und datenschutzkonform umgesetzt werden, sollte die Online-Wahl auf national-politischer Ebene eine Chance bekommen? Auch Merkel hebt nochmals zwei wichtige Punkte hervor:

 

  • Bei Online-Wahlen stellt ein System die Einhaltung von komplexen Wahl-Regularien sicher und liefert schnell Ergebnisse.
  • Auch die potentiellen Briefwähler können am Wahltag ihre Stimmabgabe online tätigen und ihren Entscheidungsprozess darauf abstimmen.

 

Das Arbeitsheft erläutert die demokratischen Innovationen sachlich und stellt die Vor- und Nachteile präzise heraus. Eine wissenschaftliche Lektüre über ein spannendes Thema, das derzeit unsere Demokratie bewegt.

 

Quelle: Merkel, Wolfgang (2015), Digital Democracy: Grenzenlos oder light?. OBS-Arbeitsheft 80: 72-77.

Fotoquelle: Keith Bacongco / flickr (CC BY 2.0-Licence)