Den Grad der Demokratisierung einzelner Länder zu erfassen ist Ziel eines Demokratieindex. Die verschiedenen Indizes unterscheiden sich in Methodik, Messgenauigkeit und Demokratiedefinition und konkurrieren untereinander. POLYAS nimmt einige wichtige Demokratieindizes in den Blick.
Die Wirklichkeit demokratischer Systeme adäquat zu erfassen ist schwierig, da sich die Bandbreite politischer Systeme zwischen Autokratie und Demokratie bewegt und exakte Beschreibungen, Messungen und Bewertungen von Demokratien so zur Herausforderung werden. Es gibt keinen wissenschaftlichen Standard in der Methodik. So basieren beim Demokratieindex der Zeitschrift The Economist die Urteile über manche Länder lediglich auf intransparenten Expertenurteilen, während für andere Länder öffentliche Umfragen als Bewertungsgrundlage dienen. Es gibt verschiedene Methoden, den Grad der Demokratie einzelner Länder zu messen und in Kategorien einzuteilen, die oft miteinander korrelieren. Die bekanntesten Demokratieindizes sind der Polity-Index auch Polity IV, der Freedom-House-Index, der Kombinierte Index der Demokratie, der Demokratieindex und das Demokratiebarometer.
Lesen Sie hier, was man unter E-Democracy versteht!
Demokratieindex
Der Demokratieindex wird von der Zeitschrift The Economist berechnet und 2006 erstmals veröffentlicht. Er ist eine kontinuierliche Messung des Demokratiegrades in 167 Ländern. Die Methodik des Demokratieindex setzt sich aus Unterscheidungskriterien der Regierungsformen und einem Fragenkatalog und den folgenden Faktoren zusammen:
- Wahlprozess und Pluralismus
- Funktionsweise der Regierung
- politische Teilhabe
- politische Kultur
- Bürgerrechte
Unterschieden wird zwischen zwei Demokratietypen – der vollständigen Demokratie und der unvollständigen Demokratie – sowie zwischen zwei Regimetypen – dem Hybridregime, welches eine Mischform aus Autokratie und Demokratie darstellt und dem autoritären Regime. Der Fragenkatalog basiert aus 60 Fragen mit jeweils zwei bis drei Antwortmöglichkeiten, für die unterschiedlich hohe Punktzahlen vergeben werden.
Beispiel: Können die Wahlen als frei und gerecht bezeichnet werden? a) Ja. (1 Punkt) b) Die Wahlen sind frei, aber nicht gerecht. (0,5 Punkte) c) Die Wahlen sind weder frei noch gerecht. (0 Punkte).
Freedom-House-Index
Ähnlich wie der Demokratieindex verfahren auch der Polity-Index sowie der Freedom-House-Index. Letzterer zählt zu den ältesten Indizes und wird seit 1973 jährlich veröffentlicht. Freedom House ist eine Nichtregierungsorganisation in Washington DC, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, liberale Demokratien weltweit zu fördern und den Grad an Demokratie und Freiheit in Ländern weltweit zu untersuchen und zu bewerten. Dabei werden politische Rechte und bürgerliche Freiheiten auf einer Skala von eins bis sieben angegeben, wobei eins die größtmögliche Freiheit und sieben das geringste Maß an Freiheit bedeutet. Zwischen den Werten drei und fünf sind die teilweise freien Länder anzusiedeln.
Kombinierter Index der Demokratie
Der kombinierte Index der Demokratie (KID) versucht ein Defizit der Messungen der Freedom-House- und der Polity-Projektgruppe auszugleichen, indem ein dreidimensionales Demokratieverständnis aus Freiheit, Gleichheit und Kontrolle in den Messungen abgebildet werden soll. Zu diesem Zweck werden die Datensätze der beiden Indizes mit dem Rule-of-Law-Indikator (Rechtsstaatlichkeitsindex) der Weltbank kombiniert. Der KID-Index arbeitet mit einer Skala von null bis zehn, wobei die Null ein stark autokratisches System und die Zehn eine Demokratie bezeichnet.
Demokratiebarometer
Ein Forscherteam aus Wissenschaftlern der Universität Zürich und des Wissenschaftszentrums Berlin hat mit dem Demokratiebarometer ein Messinstrument entwickelt, welches wissenschaftlichen Standards genügt und hinreichend sensibel sein soll, um die Qualitätsunterschiede zwischen etablierten Demokratien zu erfassen. Grundlage für dieses Forschungsvorhaben bilden mangelnde Trennschärfe und theoretische Defizite etablierter Demokratieindizes wie Freedom House, Polity IV oder der Demokratieindex, denen mit wissenschaftlichen Standards begegnet werden soll. Kriterien wie Partizipation, Transparenz, Gewaltenkontrolle, Rechtsstaatlichkeit und politischer Wettbewerb sind Teil des Demokratiebarometers.
Ziel ist die Bereitstellung eines detaillierten Datensatzes, mit dem die wirtschaftliche, politische und soziale Leistungsfähigkeit von Demokratien vor dem Hintergrund ihrer individuellen Stärken und Schwächen systematisch untersucht und verglichen werden kann.
Fazit
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel schätzt in einem Interview mit 3Sat die Demokratieindizes eher positiv ein. Sie würden einen guten Einblick in eine Vielzahl von Ländern erlauben und relativ akkurat abbilden, wie demokratisch es tatsächlich zugeht, so Merkel. Zudem erlaubten sie eine Messung der Entwicklung der Demokratie über einen Zeitraum von mehreren Jahren. In Einzelfällen sei für eine detaillierte Betrachtung wahrscheinlich eine weitaus genauere Untersuchung vonnöten. Dennoch seien Demokratieindizes besser als ihr Ruf.
Sie möchten die Vorteile digitaler Demokratie nutzen und ein Online-Wahlprojekt starten? Lernen Sie den POLYAS Online-Wahlmanager kennen!