Online-Wahlen an Hochschulen

Wie unterscheidet sich das Hochschulrecht in den deutschen Bundesländern und wie einfach lassen sich Online-Wahlen an Hochschulen anhand rechtlicher Grundlagen umsetzen? 

Hochschulrecht ist Landesrecht und so verfügt jedes einzelne Bundesland auch über sein eigenes Hochschulgesetz. Dies führt allerdings auch dazu, dass bestimmte Sachverhalte in den Ländern unterschiedlich geregelt sind. Am Beispiel der rechtlichen Grundlagen von Online-Wahlen können Gemeinsamkeiten und Ausnahmen, die sich aus der unterschiedlichen Gesetzgebung der einzelnen Länder ergeben, ganz gut veranschaulicht werden.

Die rechtliche Basis für die Einführung von Online-Wahlen an Universitäten und Hochschulen ist in fast allen Bundesländern gegeben. Das Recht einer Hochschule, Regelungen zur Durchführung von elektronischen Wahlen zu erlassen, erfordert grundsätzlich keine explizite Ermächtigung im jeweiligen Landeshochschulgesetz. Zu dieser Auffassung gelangte das Oberverwaltungsgericht Thüringen in seinem Urteil vom 30.05.2013 (Aktenzeichen 1 N 240/12). Vielmehr kommt den Hochschulen eine eigene Regelungskompetenz zu, die sich aus deren Satzungsautonomie ergibt. Die Grundlage hierfür bildet eine allgemeine Ermächtigungsnorm im Landeshochschulgesetz, wonach die Hochschulen näheres zur Wahl und zum Wahlverfahren durch eine Wahlordnung selbst regeln können.1

Es lohnt sich also, einen Blick in die jeweiligen Hochschulgesetze der Länder zu werfen und zu schauen, wie diese Ermächtigungen ausgestaltet sind. Im Folgenden möchten wir Ihnen hierzu einige interessante Beispiele aufzeigen.

Ausdrückliche Erwähnung elektronischer Medien

Wir überfliegen landesrechtlich die deutschen Bundesländer und landen für den ersten Stopp in Baden-Württemberg.

Denn hier stellt das Landeshochschulgesetz von Baden-Württemberg eine Besonderheit dar. Neben der allgemeinen Ermächtigung, dass die Hochschulen des Landes selbstständig Wahlordnungen erlassen dürfen, findet sich in § 9 (8) Satz 4 die Formulierung:

„Die Wahlordnung soll Regelungen treffen, welche schriftlichen Erklärungen in Wahlangelegenheiten durch einfache elektronische Übermittlung, durch mobile Medien oder in elektronischer Form abgegeben werden können.“

Weiterhin existiert eine schriftliche Auskunft des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus dem Jahr 2015 (Drucksache 15/7053). Darin heißt es:

„Die Anwendung von elektronischen Wahlverfahren bis hin zu internetbasierten Online-Wahlen durch die Hochschulen bzw. die Verfassten Studierendenschaften ist nach dem geltenden Hochschulrecht des Landes zulässig.“

Wir haben elektronische Wahl-Optionen getankt und sind ready to take off. Ziel: Thüringen mit Zwischenstopps in Sachsen-Anhalt, Hamburg und Schleswig-Holstein.

Steigerung der Wahlbeteiligung

Vor dem Hintergrund, dass das OVG Thüringen in seinem o.g. Urteil auch die Möglichkeit der Steigerung der Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen durch die Einführung von Online-Wahlen genannt hat, ist eine andere Besonderheit in drei weiteren Landeshochschulgesetzen bemerkenswert.2  Die Landeshochschulgesetze von Hamburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein fordern nämlich die Hochschulen in ihren Ländern dazu auf, dass die zu erlassenden Wahlordnungen die Voraussetzungen für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung schaffen sollen.

So heißt es in § 99 (3) des Hamburgischen Hochschulgesetzes:

„Die Wahlordnung trifft die näheren Bestimmungen über Wahlen. Die Bestimmungen der Wahlordnung und die Festlegung des Zeitpunktes der Wahl sollen die Voraussetzung für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung schaffen.“

Im § 62 (2) des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt heißt es:

„Durch die Regelung des Wahlverfahrens und die Bestimmung des Zeitpunktes der Wahl sind die Voraussetzungen für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu schaffen.“

Ein fast identischer Wortlaut findet sich auch im § 17(3) des Hochschulgesetzes von Schleswig-Holstein:

„Die Bestimmungen der Wahlordnung und die Festlegung des Zeitpunktes der Wahl sollen die Voraussetzung für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung schaffen.“

Ohne Wahlbeteiligung gibt es auch keinen Höhenflug und deswegen fordern die Hochschulgesetze genügend Treibstoff für die Wahl.

Allgemeine gesetzliche Ermächtigungen

Die Hochschulgesetze der meisten Bundesländer enthalten derzeit allgemeine Ermächtigungen, wonach die Hochschulen die näheren Bestimmungen zur Wahl und zum Wahlverfahren durch ihre jeweilige Wahlordnung regeln, was, dem Urteil des OVG Thüringen folgend, vollkommen ausreichend ist, sofern die vom Gericht geforderten Regelungen darin getroffen werden.

Beispielhaft hierfür sind der § 99 (3) Bremisches Hochschulgesetz („Die Durchführung der Wahlen einschließlich der Wahlprüfung regelt die Hochschule durch die Wahlordnung.“) und der § 22 (7) des Thüringischen Hochschulgesetzes („Die Wahlordnung trifft nähere Bestimmungen zur Wahl und zum Wahlverfahren und regelt die Zuständigkeit für die Entscheidung über Wahlanfechtungen.“). Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Hochschulgesetzen der meisten anderen Bundesländer..

Ausnahme Bayern

In Bayern ist bekanntermaßen häufig alles a bissl‘ anders. Und so findet sich auch im Bayerischen Hochschulgesetz eine Ausnahme. Gemäß Artikel 38 (1) des Bayerischen Hochschulgesetzes werden die Wahlen durch eine Rechtsverordnung geregelt, nämlich die „Wahlordnung für die staatlichen Hochschulen„. Diese sieht neben der persönlichen Stimmabgabe derzeit nur die Möglichkeit der Briefwahl vor. Während nach dieser Wahlordnung zwar die Beantragung der Briefwahl auch in elektronischer Form möglich ist, kann die Wahl selbst jedoch nicht in elektronischer Form vorgenommen werden.

Update: Seit dem Frühjar 2020 gilt in Bayern ein geändertes Hochschulgesetz. Der Artikel 38 (1) bezieht sich nun nur noch auf  Senats- und Fakultätsratswahlen. Die in diesen Gremien befindlichen studentischen Vertreter dürfen jedoch abweichend von Satz 1 von „Organen der Studierendenvertretung“ gewählt werden. Außerdem dürfen auch alle weiteren Wahlen an Hochschulen – wie die der Studierendenvertretung – über die jeweiligen Grundordnungen der Universitäten geregelt werden.

Fazit

Bis auf wenige Ausnahmen sind Online-Gremienwahlen an den Hochschulen fast aller Bundesländer rechtlich möglich. Erforderlich dazu ist lediglich, dass die jeweilige Hochschule die Möglichkeit der Online-Wahl in ihrer Satzung und Wahlordnung regelt. Bei diesen Regelungen sollte sie unbedingt die Anforderungen des OVG Thüringen beachten, wie beispielsweise Regelungen, mit denen Ausspähungen und Manipulationen verhindert werden können, Regelungen für eventuell auftretende technische Störungen während der Wahl und die Überprüfbarkeit, dass die über das Wahlsystem abgegebenen Stimmen vom Wahlgerät unverfälscht erfasst und gültige Stimmen nachvollziehbar den Wahlvorschlägen zugeordnet werden.1

Professionelle Online-Wahlsysteme erfüllen diese Standards, so dass nicht nur rechtlich, sondern auch praktisch alle Voraussetzungen erfüllt sind, um rechtsgültige Online-Wahlen an Hochschulen durchzuführen. Interessierte Hochschulen sollten sich dafür von Experten beraten lassen.

Wichtiger Hinweis: Da Hinweise und Informationen dem Wandel der Rechtsprechung und der Gesetzgebung unterliegen, kann für die in diesem Artikel aufgeführten Informationen keine Haftung übernommen werden. Die Informationen dieses Artikels erheben nicht den Anspruch der Aktualität und Vollständigkeit.  Die Verwendung dieser Informationen begründet keine Ansprüche. Wir empfehlen Ihnen, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

In diesem Beitrag zitierte Quellen:

1 Vgl. Danz, Stefan (2014): Zulässigkeit von Online-Wahlen im Hochschulbereich, in: juris, die Monatszeitschrift, Oktober 2014, S. 385 – 387

2 Vgl. Stellungnahme „Zulässigkeit von Online-Wahlen im Hochschulbereich“ der Kanzlei Schwenke & Schütz, Rechtsanwälte und Notare

Fotoquelle: andyspictures I Flickr (CC BY 2.0)