Wer Online-Wahlen hört, denkt meistens sofort an Wahlcomputer und an die schlechten Nachrichten, die damit gekoppelt sind. Doch diese Assoziation führt in die Irre, denn Online-Wahl und Wahlcomputer sollte man nicht miteinander verwechseln.

Online-Wahlen werden auf internetfähigen Endgeräten durchgeführt, können also an jedem Ort der Welt stattfinden. Die Wahl ist über einen Browser verfügbar und wird durch die Wahlleitung gesteuert. Das Wahlsystem einer Online-Wahl besteht aus mehreren Subsystemen und ist universell und individuell überprüfbar.

Wahlcomputer dagegen sind Maschinen in Wahlkabinen, mit denen die Wähler vor Ort auf Knopfdruck ihre Wahl treffen. Die Stimmen werden anschließend im Gerät gespeichert – zumeist auf einer Speicherkarte – und nach dem Wahlende ausgezählt.

Klingt praktisch, doch Wahlcomputer sind bei politisch-parlamentarischen Wahlen nicht erlaubt. Warum?

Einerseits haben Wahlcomputer einen großen Vorteil: Die Ergebnisse müssen nicht von Hand ausgezählt werden, das Wahlergebnis steht bereits am Ende des Tages fest. Deswegen wurden sie 2005 auch in Deutschland für die Bundestagswahl eingesetzt. In 1.800 Wahlkabinen standen Wahlcomputer und wurden von rund zwei Millionen Wähler:innen genutzt. Mehr über Wahlcomputer und deren Geschichte haben wir für Sie hier zusammengefasst.

Doch gegen die Nutzung wurde geklagt und die Kläger bekamen recht: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verwendung von Wahlcomputern als verfassungswidrig erklärt.

Einer der Hauptvorwürfe: Es sei nicht möglich festzustellen, ob die Stimme korrekt gespeichert und ausgezählt wurde. Zusätzlich zu den bestehenden fünf Wahlgrundsätzen (frei, gleich, geheim, allgemein, unmittelbar) formulierte das Bundesverfassungsgericht den sog. Öffentlichkeitsgrundsatz, wonach die Wahlberechtigten ihre Stimmabgabe ohne technische Kenntnisse überprüfen können müssen.

Da das Öffentlichkeitsprinzip in dem behandelten Fall nicht umsetzbar war, gibt es viele Kritiker der Wahlcomputer. Die bekanntesten sind der Chaos Computer Club (CCC) in Deutschland und die Initiative „Wir vertrauen Stimmcomputern nicht“ in den Niederlanden. Sie haben auch gezeigt, wie sich die Geräte manipulieren lassen, indem sie eine manipulierte Maske zur Stimmabgabe auf das Gerät gespielt haben. Der Wähler gab zwar scheinbar seine Stimme ab, diese wäre aber anders gespeichert worden, ohne, dass er es bemerken konnte.

Auch in Studien wurde die Sicherheit der Wahlcomputer verschiedener Hersteller überprüft und erzielte schlechte Ergebnisse. So kam es im Kalifornien durch einen simulierten Angriff der Wissenschaftler sogar zum Verlust der Daten. Auch sind Unstimmigkeiten in Florida aufgekommen, als Al Gore gegen Bush jun. in der Präsidentschaftswahl 2000 unterlag

Mit dem Urteil sind Wahlcomputer in Deutschland nicht komplett verboten, doch für es müsste nachjustiert werden. Wenn es die Möglichkeit für die Wähler gäbe, zu kontrollieren, ob ihre Stimme richtig verarbeitet wurde, könnten die Maschinen ein Comeback in den Wahlkabinen feiern.

Was bedeutet das „Wahlcomputer-Urteil“ für die Online-Wahl?

Sind somit auch Online-Wahlen nicht erlaubt? Sie sind zumindest nicht ausdrücklich verboten, denn im Urteil und im Gesetz ist nicht ausdrücklich von Online-Wahlen, wie POLYAS sie anbietet, die Rede. Zudem rügte das BVerfG auch die Briefwahl, da dieses Wahlverfahren das Öffentlichkeitsprinzip nicht erfülle und nur eine Ausnahme bleiben solle.

Online zu wählen ist grundsätzlich nicht mit der Wahl via Wahlcomputer in der Wahlkabine zu vergleichen. Denn das digitale Wahlverfahren des ‚Remote Electronic Voting‘ ermöglicht den Wähler:innen von jedem internetfähigen mobilen Endgerät ihre Stimme abzugeben. Somit ist ein Gang ins Wahllokal bei Online-Wahlen nicht erforderlich, die Wähler können also bequem zuhause bleiben oder auf dem Forschungsschiff oder im Krankenhaus oder oder oder. Dieser vereinfachte Zugang zur Stimmabgabe stärkt das Allgemeinheitsprinzip. Für eine mobile und vielfältige Gesellschaft ist die Online-Wahl also ein wirklicher Vorteil.

Sichere Authentifizierungsverfahren ermöglichen den digitalen Eintritt in das Online-Wahllokal. Durch hochmoderne Verschlüsselungstechniken wird einerseits das Wahlgeheimnis gewahrt und andererseits die Integrität des Wahlsystems nachweisbar. POLYAS hat daher Verfahren entwickelt, die es den Teilnehmenden von Live Votings und Online-Wahlen ermöglichen, ihre eigene Stimmabgabe zu verifizieren. Demnach wären die Anforderungen erfüllt und die Online-Wahl könnte die Wahlcomputer deutlich überflügeln.

Durch eine bessere Aufklärung und ein breiteres öffentliches Interesse an der Möglichkeit der Online-Wahl wird die Online-Stimmabgabe sicher irgendwann genau so selbstverständlich, wie das Kreuzchen auf dem Papier.

About Laila Oudray

Um die Welt zu gestalten und zu verbessern, benötigt man Informationen. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diese Informationen zu recherchieren und hoffentlich unterhaltsam aufzubereiten. Wenn ich nicht gerade das World Wide Web für die interessantesten Themen durchforste, lebe ich meine musikalische Seite aus und singe (wie man mir sagt, auch gar nicht so schlecht). Seit April arbeite ich bei Polyas. Hier bin ich für die Pressearbeit zuständig und schreibe Blogartikel.