Wie viele andere auch, verbringe ich meine Zeit oft mit dem Herumklicken in sozialen Netzwerken, meist ohne Ziel. Zuletzt stieß ich dabei auf einen kleinen Trend von YouTube-Videos: Eltern zeigen ihren Kindern elektronische Geräte von „früher“ und filmen deren Ratlosigkeit, wie diese ur-ur-ur-alte Technik zu gebrauchen sei. Kaum vorstellbar, dass die jüngeren Generationen nichts mehr mit der Technik anfangen können, die z. B. meine Jugend bestimmte.

Für alle, die mich nicht kennen: Mein Name ist Bernd. Ich schreibe auf diesem Blog über meine Gedanken zur digitalen Gesellschaft. Meine Suche führte mich bereits in verschiedene Ecken unseres Lebensalltags: Ich schrieb über meinen „digitalen“ Arbeitsweg, unser Einkaufsverhalten, die Entwicklung des Smart Home und das ortsunabhängige Arbeiten.

Seit ich über besagte YouTube-Videos gestolpert bin, denke ich über das Lernen und Verlernen nach. Und darüber, welche Rolle das Internet in heutigen Lern- und Forschungsprozessen eigentlich spielt – und deshalb habe ich beschlossen, dem einmal nachzugehen.

Lernen und Wissenschaft im digitalen Zeitalter

Das swipende Klassenzimmer

„Swipen“ (oder auch „wischen“) ist die typische Handbewegung zur Steuerung eines Smartphones, Tablets oder einer interaktiven Tafel. Letztere verbannt den altbekannten Tafeleimer, das wirkliche (Tafel-)Wischen und das „Kreide holen“ an einigen Schulen bereits in ein vergangenes Zeitalter. Digital aufbereitete Inhalte können an diesen „Smartboards“ bearbeitet werden, in sogenannten „Tablet-Klassen“ legen die Schüler ihre Stifte und Blöcke beiseite und arbeiten direkt mit neuer Technik.

E-Learning ist das Schlagwort, das nicht nur im Präsenzunterricht am Vormittag Wellen schlägt, sondern auch den Nachmittagsmarkt aufmischt. Private Nachhilfestunden via Videotelefonie, Schülerplattformen mit Lernvideos (wie z. B. sofatutor.com), interaktive Computerprogramme sowie Lernspiele trainieren den Lernstoff, der auf dem Lehrplan steht. Auch wenn der Einsatz neuer Technologien an den Schulen deutschlandweit eher in den Kinderschuhen als in geschnürten Wanderstiefeln steckt – die Vorteile liegen auf der Hand:

Der virtuelle, allzeit geduldige Lehrer

Videoerklärungen z. B. zu den binomischen Formeln sind jederzeit abrufbar, unbegrenzt wiederholbar und für jeden Lerntyp geeignet. Es ist, als ob der Lehrer jedem Schüler einzeln einen Sachverhalt erklärt, mit viel Geduld und so oft, wie individuell benötigt. Dadurch eröffnen sich im Schulbetrieb neue Möglichkeiten: Der Frontalunterricht kann einem gemeinsamen Zusammenarbeiten und einem Unterricht mit mehr Anwendungscharakter weichen: Was man zuhause per Lernvideo verinnerlicht hat, kann in der Schule unter „Hilfsaufsicht“ ausprobiert und eingesetzt werden. Kommen Fragen auf, kann der Lehrer direkt darauf eingehen.

Wenn ich da an meinen Computerkurs in der Schule denke: Einmal die Woche an uralten grauen Kästen – hier hat sich einiges verändert. Schulen und Lehrer vernetzen sich untereinander, auf Bildungsmessen, wie der Didacta, sind E-Learning und digitale Unterrichtskonzepte seit einiger Zeit die heiß diskutierten Themen.

Was fehlt sind oft ausreichende Ausstattung, Weiterbildung für Lehrkräfte und eine noch verbreitete Skepsis gegenüber der Änderung des klassischen So-haben-wir-es-doch-immer-gemacht-Unterrichts. Auch wenn es viele Pilotprojekte gibt und Leuchtturmschulen – der Wandel zur tatsächliche Nutzung der digitalen Möglichkeiten an Schulen vollzieht sich nur langsam.

Schon gewusst?

E-Learning ist im digitalen Trend. Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

E-Learning ist im digitalen Trend. Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

 

  • 45,5 % aller (in der Studie „Schule digital“ befragten) Lehrer verfügen über ein Medienkonzept an ihrer Schule
  • 57,9 % derselben Lehrer wünschen sich mehr Unterstützung für den Einsatz von Computern im Unterricht.

Wie digital ist Forschung und Wissenschaft?

Wenn man nach Wissenschaft und Innovation im digitalen Zeitalter sucht, kommt man um das Berliner Startup ResearchGate nicht herum. Es handelt sich um ein digitales Netzwerk für Wissenschaftler, die hier ihre Forschung sichtbar machen und wissenschaftliche Erkenntnisse diskutieren – weltweit. 2013 hat Bill Gates hier investiert und mittlerweile zählt das Netzwerk acht Millionen Nutzer in 193 Ländern.

Allein diese Zahlen machen deutlich: Die digitale Welt macht aus der Wissenschaft vor allem eins: Ein kollaborativ zusammenarbeitendes Netzwerk des gegenseitigen Austauschs. Volltextsuchen machen Ergebnisse der bisherigen Forschung in Sekunden abrufbar, die Analyse von komplexen Daten wird dank Speicherkapazitäten und Computerprogrammen ganz neu möglich. Die Wissenschaft wird mehr und mehr ein globales Netz.

Schon gewusst?

Die Welt ist digital vernetzt! Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

Die Welt ist digital vernetzt! Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

 

  • 44 000 000 000 000 000 000 000 Byte (oder 44 Zettabyte) beträgt das voraussichtliche Datenvolumen im Jahr 2020. Das ist ungefähr die Anzahl aller Sterne des Universums.

Und die Wirtschaft? Macht „open innovation“

Steigender Wettbewerbsdruck macht Innovationen für die Wirtschaft wichtiger und wichtiger. Sie müssen schneller kommen, besser sein. Ein Weg, dies zu erreichen, ist, mehr Dialog zu fördern und mehr Kreationsquellen einzubeziehen, um den insgesamten Output zu erhöhen. Es entstanden sogenannte „Open Innovation Labs“ – Konzepte, bei denen Wirtschaft und Forschung zusammenarbeiten und entwickeln. Das kann auf unterschiedliche Wege passieren: Als Partnerschaften von Firmen untereinander, mit Forschungsteams, Universitäten oder den eigenen und potenziellen Kunden.

Die Bundesregierung hat dafür sogar einen Begriff geprägt, der erstmals 2011 verwendet wurde: Industrie 4.0. Hiermit wird die vierte industrielle Revolution – nach Mechanisierung, Massenfertigung und Digitalisierung – bezeichnet, die die „intelligente Fabrik“ zum Ziel hat:

„Die Kennzeichen der künftigen Form der Industrieproduktion sind die starke Individualisierung der Produkte unter den Bedingungen einer hoch flexibilisierten (Großserien-)Produktion, die weitgehende Integration von Kundinnen und Kunden sowie Geschäftspartnerinnen und -partnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse und die Verkopplung von Produktion und hochwertigen Dienstleistungen, die in sogenannten hybriden Produkten mündet.“

Schon gewusst?

Industrie 4.0 sorgt für einen digitalen Aufschwung! Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

Industrie 4.0 sorgt für einen digitalen Aufschwung! Quelle: http://www.digital-ist.de/aktuelles/zahlen-des-monats.html

 

  • Es gibt einen „digitalen Index“, der für Länder errechnet wird und der den Digitalisierungsgrad der Bevölkerung anzeigt – zusammengesetzt aus Zugang, Kompetenz, Offenheit und Nutzungsvielfalt bezogen auf digitale Medien und Internet. Deutschlands D21-Digital-Index lag 2015 bei 51,6 von 100 möglichen Punkten. (Quelle)

Egal, in welchen Winkel von Lernen, Bildung, Forschung und Innovationsentwicklung man schaut – jeder Bereich ist bereits auf das digitale Pferd aufgesprungen. Bei manchen ist es eher noch ein Pony, andere befinden sich bereits im Galopp Richtung Zukunft. Ich bin jetzt jedenfalls erst einmal erschlagen von all den Informationen – aber im Grunde habe ich gerade genau das getan, wovon ich anfangs berichtete: E-Learning.