7:30 Uhr: Der Wecker – Pardon, das Handy – klingelt und ich drücke auf „Schlummern“. Mindestens drei Mal. Das sind meine persönlichen drei mal neun Minuten am Morgen, bevor der Arbeitstag losgeht. Augen schließen, sich zwischen Traum und Wirklichkeit aufhalten … nach zwei weiteren Bimmelphasen meines Handys werden die Füße aber dann doch aus dem Bett geschwungen.

Ich bin übrigens Bernd, der Durchschnitts-Digitale. Ich lebe auf diesem Blog und mein Job ist es, die digitale Gesellschaft aufzuspüren.

Sie sagen vielleicht, dass man die digitale Gesellschaft nun wirklich nicht suchen muss? Da haben Sie nur zum Teil recht. Denn neben Handy-Apps und Netflix sind wir mittlerweile viel digitaler, als die meisten von uns denken. Wir schauen nur dran vorbei oder machen es uns nicht bewusst. Und genau das möchte ich Ihnen zeigen.

Man fährt digitaler zur Arbeit, als man denkt

APPchecken: Wie wird der Tag?

Ich stehe vor meinem Schrank und überlege, was ich anziehen soll. Die dicke Jacke? Das leichte Jackett? Doch lieber einen Regenschirm? Der Blick auf die Wetter-App verrät es mir. Wie viele andere Menschen auf der Welt habe ich gleich mehrere davon. Denn manchmal widersprechen sich die Angaben. Heute: bedeckter Himmel, 30 bzw. 40 Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Also kann man es mit dem Fahrrad mal probieren. Zur Sicherheit stecke ich den Regenschirm in meine Tasche – und los geht’s.

Schon gewusst?

Wetter-Apps liegen im Trend. Nutzerverhalten der User ändert sich.

Digitaler Sonnenschein?(Quelle)

Der schnellste vs. der schönste vs. der unkomplizierteste Weg

Ich liege heute gut in der Zeit. Die ideale Gelegenheit also, mal einen anderen Weg auszuprobieren. In der Einfahrt stehend, öffne ich deshalb den Routenplaner auf meinem Handy. Mit wenigen Klicks werden mir verschiedene Fahrtwege angezeigt. Dann geht es heute mal durch den Park. Über meinen Fahrradcomputer am Lenkrad werde ich die gefahrene Zeit und die Strecke tracken. Dann kann ich später genau sagen, wie lange ich für diese Route tatsächlich brauche.

Intelligente Ampelsysteme

Drei Blocks weiter halte ich an einer roten Ampel. Leider keine grüne Welle. Über Ampelanlagen habe ich noch nie viel nachgedacht. Aber tatsächlich wird hier alles aus der Digitalkiste rausgeholt, was es gibt. Denn neben den „dummen“ weil nach Signalzeitplänen vorprogrammierten Ampeln, sind intelligente Ampeln auf dem Vormarsch: Über Induktionsschleifen, Bewegungsmelder und Videokameras können Grün- und Rotzeiten verlängert werden und sich dem gegebenen Verkehrsaufkommen automatisch anpassen.

Aber wer behält hier den Überblick? Das tun die sogenannten Verkehrsleitzentralen. Die Daten hierfür bekommen sie unter anderem von den Ampeln selbst. Sicher ist: Um den Verkehr zu steuern wird eine Vielzahl von EDV-Programmen benötigt. Zusätzlich gibt es z. B. für Feuerwehr, Polizei und Militär Handschaltungen: Damit können sie im Notfall Einfluss auf die Verkehrsregelung nehmen.

Schon gewusst?

Digitale Verkehrskontrolle. Unsere Ampeln werden zunehmend zentral gesteuert und über das Internet kontrolliert.

Unsere Ampeln werden zentral und digital gesteuert.(Quelle)

Carsharing und öffentliche Verkehrsmittel

Ein paar Straßen weiter fängt es an zu regnen. Pech gehabt. Also parke ich mein Fahrrad und überlege, wie ich am trockensten ins Büro komme. Über meine Carsharing-App sehe ich, dass gerade kein Auto in der Nähe steht, welches ich schnell ausleihen kann – klar: Berufsverkehr. Also doch die öffentlichen Verkehrsmittel. Auch hier lasse ich mir über die zugehörige App die beste Verbindung ausrechnen.

Kurze Zeit später steige ich in die U-Bahn – die übrigens keinen Fahrer hat. Auch wieder so eine digitale Sache, über die ich mir bisher wenig Gedanken gemacht habe. Also werfe ich die Suchmaschine an: „Wie funktionieren fahrerlose U-Bahnen?”

Schnell werde ich fündig: Vorreiter der fahrerlosen U-Bahnen war Nürnberg. Und jetzt weiß ich auch, dass es doch eine Art Fahrer gibt – einen Computer. Der sogenannte ATC („Automatic Train Control“). Automatische Zugsicherung und -steuerung erledigen hier alles. Hinderniserkenner, Entgleisungsdetektoren und Türkantensensorik sorgen für zusätzliche Sicherheit.

Interessanter Fakt: Selbst wenn es Fahrer gibt, wie z. B. in München, fahren die Fahrer oftmals gar nicht selbst. Denn dafür gibt es die „Linienleiter Zugbeeinflussung“: Die erkennt man an zwei parallelen Kabeln zwischen den Gleisen, die Bestandteil einer Fahrautomatik sind. Diese steuert die Züge automatisch von Bahnhof zu Bahnhof über die sogenannten Stellwerke. Die Hauptaufgabe der U-Bahn-Fahrer ist es dann nur noch, darauf zu achten, dass die Fahrgäste sicher ein- und aussteigen können.

Noch schnell die neuesten Nachrichten im U-Bahn-Fernseher lesen und schon muss ich in den Bus umsteigen. Die digitale Anzeigetafel informiert mich darüber, dass ich noch zwei Minuten warten muss.

Und das funktioniert so: Über Infrarotgeräte oder GPS-Signale geben die Busse ihre Standortdaten an die Zentrale weiter. Und die weiß dann genau Bescheid, wann der nächste Bus wo ankommt. Automatisch landet diese Information dann ebenfalls auf den Anzeigetafeln.

Schon gewusst?

Digitale Züge ohne Fahrer. Autonome Züge befördern jetzt schon Berufspendler in Städten.

Ohne Fahrer? Geht!(Quelle)

Angekommen im Büro

Im Büro hole ich mir einen Kaffee aus dem Vollautomaten und klappe meinen Rechner auf. Beim Wort „digital“ denke ich zuerst an Computer, elektronische Post und meine Armbanduhr. Aber da ich heute sehr bewusst zur Arbeit gefahren bin, weiß ich: Noch bevor ich am Morgen die erste E-Mail öffne, war ich in Sachen Digitalität schon ganz schön unterwegs.